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Karl Dedecius

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Geburt:
20.05.1921
Tot:
26.02.2016
Zusätzliche namen:
Karl Dedecius
Kategorien:
Übersetzer
Nationalitäten:
 deutsche
Friedhof:
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Karl Dedecius (* 20. Mai 1921 in Łódź, † 26. Februar 2016 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Schriftsteller und Übersetzer polnischer und russischer Literatur.

Dedecius wurde als Sohn deutscher Eltern in der damaligen Vielvölkerstadt Łódź geboren, die zu diesem Zeitpunkt erst seit kurzem wieder Teil eines polnischen Staates war. Er besuchte das polnische Stefan-Żeromski-Gymnasium und absolvierte dort das Abitur. Nach dem deutschen Einmarsch in Polen im Zweiten Weltkrieg wurde er zunächst in den Reichsarbeitsdienst und dann in die deutsche Wehrmacht eingezogen. In Stalingrad wurde er schwer verwundet und geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Während seiner Gefangenschaft brachte er sich selbst Russisch bei: „Ich lag im Krankenzimmer, und die Schwestern brachten mir Bücher, von Lermontow zum Beispiel. Ein Jahr lang lernte ich an Lermontow und Puschkin die kyrillische Schrift und die russische Sprache. Die Wachmänner baten mich anschließend, für sie Liebesbriefe zu verfassen, weil ich wie Puschkin schrieb“.

1950 wurde Dedecius entlassen und ging zunächst zu seiner Verlobten nach Weimar in die DDR. 1952 siedelte er in die Bundesrepublik über und wurde Angestellter bei der Versicherung Allianz AG. In seiner Freizeit beschäftigte er sich mit polnischer Kultur und Literaturübersetzungen, pflegte auch private Kontakte zu polnischen Schriftstellern. Dedecius hierzu: Erst als ich mich so eingerichtet hatte, und eine gewisse Stabilität im Leben erreichte, konnte ich anfangen, mich endlich auch mit Literatur zu beschäftigen, ausdauernd und systematisch, obwohl mein Beruf nebenbei gesagt gar nichts mit Schriftstellerei zu tun hatte. In der Einleitung zur polnischen Ausgabe von Vom Übersetzen schrieb Jerzy Kwiatkowski: „Formal betrachtet könnte man sagen, dass dieses große Übersetzerwerk nach Feierabend entstanden ist, als Folge eines Hobbys“.

1959 erschien die erste von ihm herausgegebene Anthologie Lektion der Stille. In den folgenden Jahren übersetzte er „nach Feierabend“ so bekannte polnische Schriftsteller wie Zbigniew Herbert, Stanisław Jerzy Lec, Czesław Miłosz, Tadeusz Różewicz und Wisława Szymborska. Außerdem veröffentlicht er eigene Essays zu Literatur und Übersetzungstechnik.

Seit 1967 war er Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.

1979/1980 initiierte er das Deutsche Polen-Institut in Darmstadt, dessen Direktor er bis Ende 1997 blieb, wobei er seine literarische Tätigkeit jedoch fortsetzte. Als Dedecius’ Hauptwerk gilt neben der 50-bändigen Polnischen Bibliothek, einem Kanon, der 1982 bis 2000 im Suhrkamp Verlag erschien, das siebenbändige Panorama der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts (1996–2000), dessen abschließender Band zugleich eine Art Autobiographie darstellt.

Sein persönliches Archiv, darunter Korrespondenzen mit berühmten polnischen Schriftstellern wie Zbigniew Herbert, Czesław Miłosz, Wisława Szymborska oder Tadeusz Różewicz, übergab er bereits im Jahre 2001 dem Karl Dedecius Archiv der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).

Ehrungen

Dedecius war der Inhaber mehrerer Ehrendoktorwürden sowie Träger zahlreicher Preise und Auszeichnungen:

  • 1967 Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung
  • 1985 Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis
  • 1986 Hessischer Kulturpreis
  • 1990 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
  • 1997 Samuel-Bogumil-Linde-Preis
  • 1998 Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen
  • 1999 Viadrina-Preis
  • 2000 Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main
  • 2004 Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen
  • 2010 Deutscher Nationalpreis (gemeinsam mit Alfons Nossol, 1977 bis 2009 Bischof von Oppeln), mit der Begründung, Karl Dedecius habe sich „durch sein gesamtes Lebenswerk als Brückenbauer zwischen Polen und Deutschland verdient gemacht, indem er den Deutschen den Zugang zu polnischer Kultur ermöglicht“ habe.

Seit 2003 verleiht die Robert Bosch Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Polen-Institut den mit jeweils zwei Mal 10.000 Euro dotierten Karl-Dedecius-Preis für polnische Übersetzer deutscher Literatur und deutsche Übersetzer polnischer Literatur. 1977 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Seit dem 19. November 2002 ist ein Gymnasium in Łódź mit zweisprachigem Zweig nach Dedecius benannt.

Richard von Weizsäcker würdigte Karl Dedecius in seinen Erinnerungen: „Er, der in seinem Rang als Nachdichter und Übersetzer seinesgleichen sucht, hat uns eine fast vollständige Bibliothek der reichen polnischen Literatur in deutscher Sprache geschaffen.“

Werke

  • 1971: Deutsche und Polen. Botschaft der Bücher. Hanser, München, ISBN 3-446-11481-5.
  • 1974: Überall ist Polen. Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 3-518-36695-5.
  • 1975: Polnische Profile. Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 3-518-02570-8.
  • 1981: Zur Literatur und Kultur Polens. Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 3-518-02571-6.
  • als Herausgeber 1981: Polnische Pointen Satiren und kleine Prosa des 20. Jahrhunderts. Ullstein-Taschenbuch 20215, Frankfurt am Main / Berlin / Wien, ISBN 3-548-20125-3.
    • andere Ausgaben: Carl Hanser Verlag, München 1962 und vom Herausgeber erweiterte Ausgabe: dtv 465, München 1968, OCLC 633033070
  • 1986: Vom Übersetzen. Theorie und Praxis. Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 3-518-37758-2.
  • 1988: Von Polens Poeten. Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 3-518-37979-8.
  • 1990: Lebenslauf aus Büchern und Blättern Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 3-518-40309-5.
  • 1996: Ost West Basar. Ansprachen Essays Würdigungen. Mit einem Geleitwort von Marion Gräfin Dönhoff. Ausgewählt und mit einem Nachwort versehen von Andreas Lawaty. Ammann, Zürich, ISBN 3-250-10283-0.
  • 2000: Panorama der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Abt. V. Panorama. Ein Rundblick. Ammann, Zürich, ISBN 3-250-50005-4.
  • 2002: Die Kunst der Übersetzung. Logos, Berlin, ISBN 3-8325-0000-6.
  • 2006: Ein Europäer aus Lodz: Erinnerungen. Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 3-518-41756-8.
  • 2011: Meine polnische Bibliothek, mit einem Vorwort von Stefanie Peter. Insel, Berlin 2011, ISBN 978-3-458-17499-8.

 

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