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Karl Dietrich Bracher

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Geburt:
13.03.1922
Tot:
19.09.2016
Kategorien:
Historiker, Politiker
Nationalitäten:
 deutsche
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Karl Dietrich Bracher (* 13. März 1922 in Stuttgart; † 19. September 2016) war ein deutscher Politikwissenschaftler und Historiker. Er lehrte zunächst an der Freien Universität Berlin und war von 1959 bis 1987 Ordinarius für Wissenschaft von der Politik und Zeitgeschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Er trat wissenschaftlich vor allem als Totalitarismus- und Demokratieforscher hervor. In Bonn baute er das Seminar für Politische Wissenschaft auf. Bei ihm promovierten und habilitierten sich mehr als 130 Schüler; viele Beobachter sprechen von einer „Bonner Schule“. Bracher war zudem von 1965 bis 1967 Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft und Mitherausgeber fachwissenschaftlicher Periodika. Er erhielt für seinen herausragenden Beitrag zur deutschen Politikwissenschaft zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen wie das Bundesverdienstkreuz und den Pour le Mérite und war Gastprofessor im Ausland.

Herkunft, Kriegsdienst und Gefangenschaft

Brachers entstammte einer bildungsbürgerlichen, evangelischen Familie. Der Urgroßvater Wilhelm Pelargus, seinerzeit Hoferzgießer in Stuttgart, war Mitglied der Kunstgießerfamilie Pelargus.[1] Brachers Vater, Theodor Bracher (1876–1955), arbeitete als Gymnasiallehrer und später Abteilungsleiter im württembergischen Kultusministerium. Der Vater war Mitglied in der linksliberalen DDP. Bracher gehörte einer evangelischen Pfadfindergruppe an und genoss eine humanistische Erziehung am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium Stuttgart. Nach dem Abitur 1940 wurde er zum Reichsarbeitsdienst und später zum Kriegsdienst in der Wehrmacht verpflichtet. Er diente als Soldat im Afrikakorps und geriet im Mai 1943 in der Nähe von Tunis in amerikanische Kriegsgefangenschaft, die er bis Februar 1946 in einem Bestimmungslager im US-Bundesstaat Kansas verbrachte. Im Lager wurde er durch den kriegsgefangenen Historiker Adam Wandruszka unterrichtet.

Studium in Tübingen und Harvard

Von 1946 bis 1949 absolvierte er ein Studium der Alten und Neuen Geschichte sowie der Philosophie (u.a. bei Eduard Spranger), Klassischen Philologie (u.a. bei Otto Weinreich) und Literatur an der Eberhard Karls Universität Tübingen. 1948 wurde er bei Joseph Vogt mit der Dissertation Verfall und Fortschritt im Denken der frühen römischen Kaiserzeit mit summa cum laude zum Dr. phil. promoviert. 1949 bis 1950 absolvierte er einen Post-Doc-Aufenthalt an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts; seine dortigen Studien waren interdisziplinär angelegt und brachten ihn in Kontakt mit renommierten Wissenschaftlern wie Arthur M. Schlesinger.

Hochschullehrer in Berlin und Bonn und Seminaraufbau

Von 1950 bis 1955 war er wissenschaftlicher Assistent bei Otto Stammer und stellvertretender Direktor des Instituts für Politische Wissenschaft an der Freien Universität Berlin. Außerdem war er Lehrbeauftragter an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin und betrieb Demokratie- und Totalitarismusforschung. Seine Habilitation erfolgte im Jahr 1955 bei Hans Herzfeld und Ernst Fraenkel an der FU Berlin mit der Arbeit Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie, die bis heute als Meisterwerk der Zeitgeschichtsschreibung gilt und unter anderem Aufnahme in die ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher (Sachbücher) fand. Brachers Habilitation war die erste in Deutschland im Fach Politische Wissenschaften. Von 1955 bis 1958 wirkte er in Berlin als Privatdozent für Politische Wissenschaft und Neuere Geschichte. 1958 wurde er vorzeitig zum außerplanmäßigen Professor ernannt.

1959 wurde Bracher Ordinarius für Wissenschaft von der Politik und Zeitgeschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Er baute dort mit seinem ersten Assistenten Hans-Helmuth Knütter, den nachmaligen Professor Hans-Adolf Jacobsen und anderen das Seminar für Politische Wissenschaft auf. Ab 1970 gab er mit Hans-Adolf Jacobsen die Schriftenreihe Bonner Schriften zur Politik und Zeitgeschichte heraus. Bracher ist vor allem mit Werken über die Weimarer Republik und die Zeit des Nationalsozialismus (Die deutsche Diktatur) sowie über die Geschichte Europas im 20. Jahrhundert (Die Krise Europas) und der politischen Ideen (Zeit der Ideologien) hervorgetreten. Dabei nahmen die Themenfelder Widerstand gegen den Nationalsozialismus und Politische Bildung einen wichtigen Raum ein.

Bracher blieb bis zu seiner Emeritierung 1987 Bonn treu und lehnte diverse Rufe nach Gießen, Hamburg, Cambridge (Harvard) und Florenz ab; Gastprofessuren und Fellowships nahm er u. a. in Stanford, Princeton, Oxford, Washington D.C., Kanada, Florenz, Tel Aviv, Japan, Paris und Schweden wahr. Er wurde in dieser Zeit u.a. von Wissenschaftlern wie Klemens von Klemperer, Hans-Adolf Jacobsen und Hans-Helmuth Knütter vertreten.

Er war von 1981 bis 1987 Senator der Deutschen Forschungsgemeinschaft und beriet mehrere Forschungseinrichtungen wie die TU Dresden beim Aufbau des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung.

Bracher-Conze-Kontroverse

1957 löste eine kritische Rezension des Historikers Werner Conze an Brachers Habilitationsschrift die sogenannte Bracher-Conze-Kontroverse aus. Conze warf Bracher in der Historischen Zeitschrift vor, das Präsidialkabinett von Heinrich Brüning fehlgeleitet als Ende der Weimarer Republik und damit als Weg in den totalitären NS-Staat gedeutet zu haben.

Verhältnis zur Politik

Bracher war parteilos, unterhielt aber gute Kontakte in alle Bundesregierungen. Er führte aus:

„So sitzen wir also nun im Zentrum der Bonner Weltpolitik, ein paar Minuten auch nur von der riesigen US-Botschaft, und versuchen nach Kräften, dem Trubel der politischen Manager zu entgehen. Ich gedenke nämlich nicht, Politik und Politische Wissenschaft zu verwechseln, gerade hier nicht.“

Vorsitzender wissenschaftlicher Vereinigungen

Bracher war: von 1962 bis 1968 Vorsitzender der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien.

  • von 1965 bis 1967 war er Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW).
  • Gründer und von 1960 bis 1969 Mitherausgeber der politikwissenschaftlichen Fachzeitschrift Politische Vierteljahresschrift.
  • von 1980 bis 1988 Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Instituts für Zeitgeschichte in München.
  • 1983 mitbegründete er die Deutsche Gesellschaft für Politikwissenschaft (DGfP).
  • ab 1992 gehörte er zum Herausgeberkreis der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.

Herausgeber

Als Herausgeber beteiligte er sich u.a. an weiteren wissenschaftlichen Zeitschriften:

  • Deutsche Rundschau
  • Neue Politische Literatur
  • Zeitschrift für Politik
  • Journal of Contemporary History.

Mitgliedschaften

Er war Mitglied:

  • der American Academy of Arts and Sciences
  • der American Philosophical Society
  • der British Academy
  • der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
  • der Historischen Kommission zu Berlin
  • der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien
  • der Künste|Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste]]
  • der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
  • des PEN-Zentrums Deutschland, der [[Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften
  • seit 1992 Mitglied des Ordens Pour le mérite für Wissenschaften und Künste.

Ehrungen und Auszeichnungen

  • 1973 erhielt er den Premio Acqui Storia
  • 1980 den Europäischen Bentinck-Preis
  • 1987 das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland
  • 1994 den Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik und die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg
  • 1997 das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband.

Ihm wurden mehrere Ehrendoktorate verliehen,:

  • Dr. hum. lett. h. c. (Florida State)
  • Dr. iur. h. c. (Graz)
  • Dr. rer. pol. h. c. (FU Berlin)
  • Dr. h.c. (Instituts de Politique, Paris).

 

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