Die Verachtung (film)
Die Verachtung ist ein Liebesfilm von Jean-Luc Godard aus dem Jahr 1963. Die Hauptdarsteller sind Brigitte Bardot und, in seiner ersten Hauptrolle, Michel Piccoli.
Nebenrollen spielen u. a. Fritz Lang als er selbst in der Rolle des Regisseurs und Godard selbst in einem kurzen Auftritt als dessen Assistent. Der Film ist unter anderem Ausdruck von Godards Verachtung für die Filmindustrie Hollywoods (im Film symbolisiert durch einen US-Produzenten, gespielt von Jack Palance) und die Kommerzialisierung des Films. Die Verachtung zeigt aber auch seine Liebe für die Kunst, Filme zu machen und Filme anzusehen.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman des italienischen Schriftstellers Alberto Moravia und wurde von Piero Rismondo übersetzt.
Handlung
Die Ehe eines Drehbuchautors zerbricht während seiner Arbeit zu einem Film über die Irrfahrten des Odysseus. Seine Frau glaubt, er wolle sie an den Produzenten abtreten, um seine eigene Position zu sichern.
Alles beginnt mit einem Treffen des bis dahin nur als Krimi-Autor tätigen Schriftstellers Paul Javal mit dem Produzenten eines ins Stocken geratenen Filmprojektes in Cinecittà. Der Produzent zeigt sich unzufrieden mit der Umsetzung des Odysseus-Stoffes durch Fritz Lang (spielt sich selbst) und bittet Paul Javal, einige Szenen umzuarbeiten. Dieser willigt schließlich ein und soll für die Erarbeitung eines neuen Drehbuches die stattliche Summe von zehntausend Dollar erhalten.
Dann erscheint Ehefrau Camille ebenfalls in der Filmstadt. Der Produzent lädt zu einem Drink in sein Haus ein und bittet Camille, ihn zu begleiten. Erste Irritationen zwischen den Ehepartnern treten auf. Nur eine Person soll in dem Cabrio mitfahren können, so dass es zu der für Camille unbehaglichen Situation kommt, dass sie alleine mit dem Produzenten fährt, während Paul mit der Assistentin zurückbleibt, um dann mit einem Taxi nachzukommen.
Sein verspätetes Eintreffen bei dem Haus des Produzenten treibt die Spannung zwischen dem Paar weiter voran. Zudem flirtet Paul in Gegenwart Camilles auch noch mit der Assistentin. Das Treffen endet mit einer Einladung der beiden nach Capri, wo sie Zeugen der Dreharbeiten zu der Odysseus-Verfilmung sein sollen.
Es schließt sich eine langanhaltende Sequenz in der halbfertigen Eigentumswohnung der Javals an, in der die beiden ihre Beziehung diskutieren, sich gegenseitig ihre Liebe schwören, um diese kurz darauf wieder aufzukündigen, sich an- und ausziehen, baden, sich schlagen und wieder versöhnen. Es sind Szenen einer ambivalenten Ehe, die auch etwas Tragikomisches haben. Für Zündstoff sorgt insbesondere die wiederkehrende Frage, ob die Reise nach Capri angetreten werden soll und wenn ja, allein oder zu zweit.
Die Frage wird nicht ganz ausdiskutiert und doch beantwortet, denn an die Sequenz schließt sich bereits der Aufenthalt auf Capri an. Beide sind bei den Dreharbeiten anwesend. Wieder kommt es zu einer ähnlichen Situation wie in Cinecittà: Der Produzent bittet Camille, mit ihm den Filmset zu verlassen und vorauszugehen. Erneut ziert sich Camille und wieder drängt Paul sie, ihrem eigenen Wunsch zu folgen – was immer der auch sei.
Nach einem Eklat zwischen dem Produzenten und Paul, der sich in den Fängen der kommerziellen Filmwirtschaft wähnt und plötzlich ablehnt, das Drehbuch zu schreiben, verlässt Camille Paul und teilt ihm in einem Abschiedsbrief mit, dass sie mit dem Produzenten nach Rom abgereist sei. Bei einem Autounfall kommen beide zu Tode, als der Produzent nach einem Kavalierstart aus einer Tankstelle heraus seinen Alfa Romeo genau zwischen einen Tankwagen und dessen Anhänger fährt – beflügelt durch Camilles Worte, „Steigen Sie in Ihren Alfa, Romeo, und wir werden sehen“ (Übers. aus dem franz. Original). Die letzte Einstellung zeigt Fritz Lang bei den Dreharbeiten zu Odysseus auf der Dachterrasse der Villa Malaparte auf Capri, nachdem Paul sich verabschiedet hat.
Kritik
„Ein auf der Handlungsebene schlichter, beinahe belangloser Film, der seinen inszenatorischen Reichtum aber in einer Vielzahl von Zitaten und Anspielungen, Dopplungen und Brechungen offenbart und damit zu einem faszinierenden Dokument unermüdlicher (Selbst-)Reflexion wird.“
– Lexikon des internationalen Films
„Ein Film über den Film. Das äußere Geschehen wird kontrapunktiert durch Reflexionen während der Verfilmung der Odyssee. Ein intellektuell sehr anspruchsvolles Werk, dessen kühle Schönheit nur einen kleinen Kreis ansprechen wird. Diesem sei es auch […] zum Besuch empfohlen.“
– Evangelischer Filmbeobachter
Hintergrund
Auf Geheiß des Produzenten, der sich Sorgen um die Einspielergebnisse machte, musste Godard einige Nacktaufnahmen von Brigitte Bardot nachdrehen. Eigentümlicherweise fungieren diese nachgedrehten Szenen, die eine ganz eigene Ästhetik aufweisen, als Rückblenden und kreisen um einen – scheinbar – banalen, neckischen Dialog, der sich durch die Langsamkeit, das gedämpfte Licht und die tragische Musik mit Bedeutung auflädt und so zur wohl berühmtesten Szene des gesamten Films wurde. „Tu les trouves jolies, mes fesses? ... Et mes seins, tu les aimes? ... Qu’est-ce que tu préfères: mes seins ou la pointe de mes seins? ...“, fragt Camille (Bardot) ihren Ehemann, während sie völlig unbekleidet bäuchlings auf dem Bett liegt (deutsch: Findest du meinen Hintern hübsch? ... Und was ist mit meinen Brüsten, gefallen sie dir? ... Was hast du lieber: die ganze Brust oder die Spitzen meiner Brüste? ...) Diese Serie von Fragen, die nach und nach fast alle Teile ihres Körpers streift, scheint sich nicht nur an den Ehemann, sondern ebenso an die Filmproduzenten zu richten, die die Nacktheit des weiblichen Körpers für ihre Zwecke ausbeuten. Während der Dreharbeiten verhielten sich die echten Produzenten immer mehr wie die Figur, die Jack Palance im Film verkörpert – ihr Hauptinteresse galt schließlich den Nacktszenen. Trotzdem hatte der Film später an den Kinokassen nur mäßigen Erfolg.
Teile des Films wurden auf und in der berühmten Villa des deutsch-italienischen Schriftstellers Curzio Malaparte in Capri gedreht. Der Film gilt auch als Hommage an Fritz Lang und die Avantgarde-Architektur der Casa Malaparte. Standbilder aus dem Film wurden 2016 für das offizielle Filmplakat der 69. Internationalen Filmfestspiele von Cannes verwendet.
In Frankreich schauten sich den Film 235.000 Kinobesucher an, was für einen Film von Godard viel war, aber für einen Film mit Bardot wenig. Einer der Gründe dafür, dürfte die Altersfreigabe ab 18 Jahre gewesen sein. Die Produktionskosten von 250 Millionen Francs (etwa eine Million Dollar und das Zehnfache des Budgets von Außer Atem) spielte Die Verachtung nicht wieder ein.
Literatur
- Alberto Moravia: Die Verachtung. Roman (Originaltitel: Il disprezzo). Deutsch von Piero Rismondo. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1990, ISBN 3-499-15627-X
- Alberto Moravia: Die Verachtung. Roman. Deutsch von Piero Rismondo. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2007, ISBN 978-3-8031-2570-5
- Uwe Nettelbeck: Vor allem eine Liebesgeschichte; ursprünglich erschienen in: Die Zeit vom 29. Januar 1965; wiederveröffentlicht in: Keine Ahnung von Kunst und wenig vom Geschäft – Filmkritik 1963–1968, Philo Fine Arts, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86572-660-5. S. 93–100.
- Frieda Grafe: Die Kamera liest Gedanken anders – Zur Wiederaufführung von Jean-Luc Godards Le Mépris; in: Schriften, 9. Band – Film für Film. Brinkmann & Bose, Berlin 2006. ISBN 3-922660-95-9. S. 170–172.
- Kaja Silverman / Harun Farocki: Auf der Suche nach Homer; in: Von Godard sprechen. Vorwerk 8, Berlin 1998. ISBN 3-930916-18-5. S. 46–74.
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Quellen: wikipedia.org
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