Weimarer Dreieck
Gründung
Die Gründung des Weimarer Dreiecks geht auf ein Treffen der Außenminister der drei Länder Hans-Dietrich Genscher, Roland Dumas und Krzysztof Skubiszewski am 28. und 29. August 1991 im thüringischen Weimar zurück. In ihrer 10 Punkte umfassenden "Gemeinsamen Erklärung zur Zukunft Europas" betonten die drei Minister, dass für das Gelingen zukunftsfähiger Strukturen europäischer Nachbarschaft Polen, Deutsche und Franzosen maßgebliche Verantwortung tragen. Die Zusammenarbeit im 'Weimar-Format' sollte von vornherein dazu dienen, nicht nur Polen, sondern auch die anderen neuen Demokratien in Mittel- und Osteuropa an die Europäische Gemeinschaft heranzuführen.
Nach der Osterweiterung der Europäischen Union im Jahr 2004 wurde das Weimarer Dreieck immer stärker ein Gesprächsforum von gleichberechtigten Partnern zu aktuellen europapolitischen Fragen.
Arbeit und Ergebnisse
Im Laufe der 1990er Jahre wurden die Formen der Zusammenarbeit zwischen den drei Staaten ausgebaut. Seit 1998 finden auch Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs sowie Zusammenkünfte verschiedener Fachminister statt. Das erste informelle Treffen fand 1993 in Danzig anlässlich der Ehrenpromotion der Staatspräsidenten Lech Wałęsa, François Mitterrand und Richard von Weizsäcker durch die Universität Danzig statt, gefolgt von Gipfeltreffen 1998 in Posen, 1999 in Nancy, 2001 in Neustadt an der Weinstraße, 2003 in Breslau, 2005 erneut in Nancy, 2006 in Mettlach und 2011 in Warschau.
Beim fünften Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 19. Mai 2005 im französischen Nancy haben sich die drei Partner zu folgenden Themen ausgetauscht: Die Einhaltung der Haushaltsdisziplin innerhalb der Europäischen Union, die Beibehaltung der gemeinsamen Agrarpolitik, die Lösung des Problems des „Britenrabatts“, die Beziehungen der Europäischen Union zur Russischen Föderation und der Ukraine, die Lage im Nahen Osten, der Fortbestand des europäischen Sozialmodells und der Gipfel der Vereinten Nationen.
Anfang 2006 zweifelte der damalige polnische Staatspräsident Lech Kaczyński Sinn und Zweck des trilateralen Debattierens im Rahmen des Weimarer Dreiecks an, da es nicht mit konkreten Ergebnissen aufwarten könne. Das für den 3. Juli 2006 geplante Gipfeltreffen mit Angela Merkel und Jacques Chirac sagte Kaczyński kurzfristig wegen einer plötzlichen Magenverstimmung ab. Das Treffen wurde am 5. Dezember 2006 an der Saarschleife im saarländischen Mettlach nachgeholt. Dabei haben sich die drei Staats- und Regierungschefs des Weimarer Dreiecks vor allem über aktuelle europäische und internationale Themen ausgetauscht.
Am 23. November 2007 warb der neugewählte polnische Ministerpräsident Donald Tusk in seiner ersten Regierungserklärung für eine Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks. Bei dem Staatsbesuch von Präsident Bronislaw Komorowski am 7. Mai 2013 in Paris kündigten die Präsidenten Frankreichs und Polens – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel – ihre Absicht an, das Weimarer Dreieck wiederzubeleben. Gelegentlich ist es zu einer Öffnung des Weimarer Dreiecks durch die Teilnahme von Gästen aus Drittländern an Außenministertreffen gekommen: 2010 nahm der russische Außenminister am trilateralen Ministertreffen in Paris teil, 2010 der ukrainische Außenminister in Bonn, 2011 der Außenminister von Moldawien in Bydgoszcz (Bromberg). Auf dem Höhepunkt der Ukraine-Krise trafen am 21. Februar 2014 in Kiew die Außenminister des Weimarer Dreiecks mit dem Staatspräsidenten der Ukraine sowie mit Führern der Opposition zusammen. Das letzte Treffen der Außenminister mit dem französischen Außenminister Laurent Fabius, seinem polnischen Amtskollegen Radosław Sikorski sowie dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier fand vom 31. März bis 1. April 2014 in Berlin und Weimar statt.
Auf Parlamentsebene fand nach 2016 in Frankreich und 2018 in Polen das letzte Treffen von Parlamentariern aus allen drei Nationen am 13. Mai 2019 in Berlin statt.
Politische Bedeutung
Zbigniew Brzeziński misst dem Weimarer Dreieck eine hohe geopolitische Bedeutung zu. Es "schuf eine möglicherweise bedeutsame geopolitische Achse auf dem europäischen Kontinent, die etwa 180 Millionen Menschen aus drei Nationen mit einem hochentwickelten Nationalbewusstsein umfasst. Auf der einen Seite stärkte dies Deutschlands dominierende Rolle in Mitteleuropa noch weiter, die andererseits durch die Teilnahme Frankreichs und Polens an dem dreiseitigen Dialog wiederum etwas ausbalanciert wurde." (Die einzige Weltmacht, S. 108) "Obwohl Polen für seine Aufnahme in die Nato auf deutsche Unterstützung angewiesen ist (und Frankreich wegen seines Zögerns gegenüber einer solchen Erweiterung grollt), wird sich doch, wenn es erst einmal Bündnispartner ist, mit höherer Wahrscheinlichkeit eine gemeinsame französisch-polnische Perspektive eröffnen." (Die einzige Weltmacht, S. 119)
Das 2002 gegründete Komitee zur Förderung der Deutsch-Französisch-Polnischen Zusammenarbeit e.V. ('Weimarer Dreieck') sowie der 2010 gegründete Verein Weimarer Dreieck e.V.haben sich die Aufgabe gestellt, die Zusammenarbeit der drei Staaten auf zivilgesellschaftlicher Ebene zu stärken und damit den Dialog auf politischer Ebene zu ergänzen.
Siehe auch
- Blaesheim-Prozess zu den regelmäßigen, informellen Deutsch-Französischen Treffen
Literatur
- Rafał Ulatowski: Das Weimarer Dreieck. Ein transnationales Thema in der deutschen und der polnischen Öffentlichkeit, in: Revue d’Allemagne et des pays de langue Allemande, Jg. 48/1, Strassburg 2017, ISSN 0035-0974, S. 357–370 (Inhaltsverzeichnis der Zeitschrift)
- Heiner Timmermann (Hrsg.): Das Weimarer Dreieck. Auslaufmodell oder Wiederbelebung?, Lit-Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-643138-45-3
- Wolfram Hilz u. Catherine Robert (Hrsg.): Frankreich – Deutschland – Polen. Partnerschaft im Herzen Europas, ZEI, Bonn 2010, ISBN 978-3-941928-01-5
- Klaus-Heinrich Standke (Hrsg.): Das Weimarer Dreieck in Europa. Die deutsch-französisch-polnische Zusammenarbeit. Entstehung – Potentiale – Perspektiven, Marszałek, Toruń 2009, ISBN 978-83-7611-574-0
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Quellen: wikipedia.org