Gregor Mendel
- Geburt:
- 20.07.1822
- Tot:
- 06.01.1884
- Zusätzliche namen:
- Gregors Mendelis, Грегор Иоганн Мендель, Gregors Johans Mendelis, Gregor Johann Mendel
- Kategorien:
- Mönch, Wissenschaftler
- Friedhof:
- Brno, Central cemetery
Gregor Johann Mendel OESA (Geburtsname Johann Mendel;) (* 20. Juli 1822 in Heinzendorf, heute Ortsteil von Vražné bei Odrau, Österreichisch-Schlesien; † 6. Januar 1884 in Brünn) war ein katholischer Ordenspriester und bedeutender Naturforscher, der die nach ihm benannten mendelschen Regeln der Vererbung entdeckte. Er wird daher oft auch als „Vater der Genetik“ bezeichnet.
Leben
Johann Mendel war der Sohn der Kleinbauern Anton und Rosina Mendel und hatte eine ältere und eine jüngere Schwester. Schon als Kind half er im elterlichen Garten beim Veredeln der Obstbäume, und im Garten der Dorfschule züchtete er Bienen. Als ausgezeichneter Schüler konnte er nach der Dorfschule ab 1834 das Gymnasium in Troppau besuchen, wobei er allerdings ab seinem 16. Lebensjahr seinen Lebensunterhalt größtenteils als Privatlehrer selbst verdienen musste. Der Leiter des Troppauer Gymnasiums und Lehrer von Mendel, Faustin Ens, hatte an dieser Schule ein schon damals berühmtes naturkundliches Museum eingerichtet, aus dem später das Schlesische Landesmuseum hervorging. Mendel verließ das Gymnasium im Jahre 1840 als einer der besten Schüler seiner Klasse. Von 1840 bis 1843 studierte er am Philosophischen Institut der Universität Olmütz. Weil seine jüngere Schwester Theresia teilweise auf ihr Erbe verzichtet hatte, konnte er die ersten beiden Jahrgänge dieses Studiums 1843 – mit sehr guten Noten – abschließen. Dann sah er sich, wie er in seiner kurzen Autobiografie vermerkt, wegen „bitterer Nahrungssorgen“ gezwungen, seine Studien abzubrechen und Mönch zu werden. 1841 war sein Vater bei Waldarbeiten verunglückt; da er sich von seinen Verletzungen nicht erholte, sollte Mendel eigentlich den Hof übernehmen. Nur durch die Unterstützung seiner Schwester Theresia und weil sein Schwager den Hof übernahm, konnte er dennoch eine akademische Laufbahn anstreben.
Auf Empfehlung seines Physiklehrers, des Paters Friedrich Franz, wurde er 1843 als Mönch in die Augustiner-Abtei St. Thomas in Alt Brünn aufgenommen. Hier erhielt er den Ordensnamen Gregorius und begann später seine biologischen Untersuchungen als Amateurforscher. Von 1845 bis 1848 studierte er Theologie und Landwirtschaft an der Brünner Bischöflichen Theologischen Lehranstalt. Dort erlernte er bei Prof. Diebl die Kreuzungstechnik, Auslese und Samenvermehrung. 1847 wurde er zum Priester geweiht, und weil seine Vorgesetzten sahen, dass er mehr der Wissenschaft als der Seelsorge zuneigte, erhielt er eine Stelle als Hilfslehrer am örtlichen Gymnasium.
1850 bemühte sich Mendel um die Zulassung für das Lehramt an Gymnasien in Naturgeschichte und Physik, bestand jedoch die Prüfung als Externer an der Universität Wien nicht, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass er in diesen Fächern Autodidakt war. Daraufhin ermöglichte ihm sein Abt Cyrill Napp von 1851 bis 1853 ein Studium in Wien. Dort lernte Mendel unter anderem experimentelle Physik bei Christian Doppler, dem Entdecker des Doppler-Effekts, und Anatomie und Physiologie der Pflanzen bei Franz Unger. Ab 1854 war er wieder als Hilfslehrer in Brünn tätig, jetzt an der Oberrealschule, wo er 14 Jahre bleiben sollte.
Warum 1856 sein zweiter Versuch zur Lehramtsprüfung an der Universität Wien scheiterte, war lange Zeit ebenso unklar wie Mendels Motiv, unmittelbar nach der mißlungenen Prüfung acht Jahre seines Lebens der systematischen Erforschung der Vererbung bei Erbsen zu widmen, nachdem er zuvor schon zwei Jahre mit der Prüfung und Auswahl geeigneter, erbkonstanter Sorten verbracht hatte.
Jaroslav Krizenecky (1896–1964), Direktor des Mendelianum-Museums in Brünn und nach ihm andere, vermuteten, dass ein gesundheitliches Problem das Examen vereitelte. Als die Biologin Rosalia Wunderlich (1906–1990) die Unterlagen des Lehrbetriebes an der Universität Wien genau untersuchte, stellte sie fest, dass Mendel im August 1856 nicht von dem Pflanzenphysiologen Franz Unger (1800–1870) geprüft worden war, sondern wahrscheinlich von Eduard Fenzl (1808–1879), der im Gegensatz zu Unger nicht nur die Vorstellung der Befruchtung als die Verschmelzung einer weiblichen und einer männlichen Zelle strikt ablehnte, sondern auch für sein aufbrausendes Temperament bekannt war. Da auch Mendel auf der von ihm als richtig erachteten These Ungers beharrte, sei es zu einem Konflikt gekommen, wobei der Prüfer Mendel durchfallen ließ oder ihn zum Rücktritt bewog. Für diese Interpretation spricht vor allem eine Fußnote in Mendels Forschungsbericht, in der er ausführlich die damals kontroversen Ansichten des Befruchtungsvorgangs beschreibt. Neben Mendels Neigung zu den Naturwissenschaften aufgrund seiner Herkunft und Ausbildung scheint also eine starke persönliche Motivation ihm Kraft und Ansporn gegeben zu haben, von ihm als richtig erkannte Anschauungen experimentell zu beweisen.
Als er nach der Veröffentlichung seiner Forschungsergebnisse nach 1866 das Desinteresse der wissenschaftlichen Fachwelt feststellen musste, tat dies seinem Selbstbewusstsein keinen Abbruch. Überliefert ist sein Wort „Meine Zeit wird schon kommen!“
1868 wurde er Abt der Abtei Alt Brünn. In seinen letzten Jahren war er in einen Steuerstreit mit dem Staat verwickelt. Im Frühjahr 1883 erkrankte Mendel an einem Nierenleiden, das zu einer allgemeinen Wassersucht führte. Er verstarb am 6. Januar 1884 in Brünn.
Forschung
1856 begann Mendel im Garten des Klosters seine systematischen Kreuzungsexperimente mit den zuvor sorgfältig ausgewählten Sorten der Erbse. Er betrachtete Merkmale der Erbsenpflanzen und -samen, die klar zu unterscheiden waren, beispielsweise violett- oder weißblühende Sorten, solche mit gelben oder grünen Samen usw. Er kreuzte sie, indem er die Pollen der einen Sorte auf die Narben der anderen Sorte brachte und unerwünschte Selbst- und Fremdbestäubungen durch Entfernung der Staubblätter und Verhüllung der Blüten ausschloss. Mit dieser schon länger bekannten Technik unternahm er erstmals große Versuchsreihen. Aus 355 künstlichen Befruchtungen zog er 12.980 Hybriden und konnte so gesicherte Erkenntnisse über die regelhafte Aufspaltung der Merkmale gewinnen.
Zwischen 1856 und 1863 kultivierte er schätzungsweise 28.000 Erbsenpflanzen. 1862 gründete er mit anderen befreundeten Naturforschern aus der Umgebung den Naturforscher-Verein Brünn. Aus seinen Experimenten gingen zwei allgemeine „Gesetze“ hervor, die bis heute als mendelsche Regeln bekannt geblieben sind. 1866 trug er seine Ergebnisse bei den monatlichen Versammlungen des Naturforschenden Vereins Brünn vor, und im selben Jahr erschienen seine Versuche über Pflanzenhybriden im Druck. 1870 folgte der Aufsatz Über einige aus künstlicher Befruchtung gewonnene Hieracium-Bastarde. Dass Mendel aber viel ausführlicher und umfassender gearbeitet hat, als diese beiden Arbeiten vermuten lassen – unter anderem hatte er neben Erbsen Versuche mit mehreren anderen Pflanzengattungen durchgeführt –, ist aus dem Briefwechsel mit Carl Wilhelm von Nägeli ersichtlich.
„Die Briefe zeigen, daß das, was Mendel veröffentlicht hat, in der Tat in gar keinem Verhältnis steht zu dem, was er gearbeitet hat. Allein an den Bastarden zwischen verschiedenen farbigen Levkojen-Sippen hat er mindestens 6 Jahre hindurch eifrig untersucht; außerdem experimentierte er, wie die Briefe zeigen, mit Geum, Cirsium, Aquilegia, Linaria, Mirabilis, Melandrium, Zea, Verbascum, Antirrhinum, Ipomoea, Tropaeolum, Calceolaria. Dazu kommen noch, wie wir aus anderen Quellen wissen, Dianthus, Caryophyllus […], Lathyrus […] und Campanula […]. Hätte Mendel all dies Material veröffentlicht, und zwar in der ausführlicheren Form, die ihm Nägeli nahe gelegt hatte […], es wäre wohl nicht unbeachtet geblieben, sicherlich nicht so lange.“
– Carl Correns: Gregor Mendels Briefe an Carl Nägeli 1866–1873, ISBN 978-3837041767Rezeption
Mendel stellte seine Ergebnisse erstmals 1865 mündlich im Naturforschenden Verein in Brünn vor. Im Jahr darauf erschien seine Arbeit im Publikationsorgan dieses Vereins, das nur eine geringe Auflage hatte. Außerdem verschickte Mendel etliche Exemplare an ausgewählte Personen, davon eines an den angesehenen Botaniker Nägeli, mit dem sich ein umfangreicher Briefwechsel anschloss. Nägeli, der selbst Kreuzungsexperimente mit Habichtskräutern durchführte, erkannte jedoch die Bedeutung von Mendels Resultaten nicht.
Erstmals öffentlich rezipiert und damit für eine breitere Leserschaft zugänglich wurden Mendels Arbeiten in der 1881 erschienenen umfangreichen Kompilation Pflanzen-Mischlinge von Wilhelm Olbers Focke. Ihre Bedeutung wurde jedoch erst im Jahr 1900 erkannt, als die Botaniker Hugo de Vries, Carl Correns und Erich Tschermak, die inzwischen selbst derartige Experimente unternommen und mit Mendel übereinstimmende Ergebnisse erhalten hatten, unabhängig voneinander diese Vorarbeiten „wiederentdeckten“ und im Zusammenhang mit der Publikation ihrer eigenen Resultate darauf hinwiesen.
De Vries, der schon seit etwa 1876 Kreuzungsexperimente ähnlich denen Mendels unternommen hatte, ohne von Mendels Arbeit Kenntnis zu haben, forderte auf der Grundlage seiner eigenen Untersuchungen und denen Mendels „eine vollständige Umwandlung der Ansichten“ über die Art, Unterart und Varietät in der Biologie. Während man bisher die Arten, Unterarten und Varietäten als die Einheiten angesehen hatte, aus deren Kombination die Hybriden hervorgehen, müsse man jetzt von den einzelnen Merkmalen als den Einheiten ausgehen, aus denen die Arten, Unterarten, Varietäten und Hybriden zusammengesetzt seien.
Während de Vries gleich von allgemeingültigen Gesetzen sprach, interessierte sich Correns besonders für die Grenzen der Gültigkeit und verwendete deshalb als Erster die heute übliche Bezeichnung „mendelsche Regeln“. Als Beispiele „nicht-mendelnder“ Vererbung untersuchte er die Genkopplung und die extrachromosomale Vererbung. Correns erhielt aus Nägelis Nachlass dessen Briefwechsel mit Mendel und veröffentlichte diesen 1905.
Im englischen Sprachraum wurden die mendelschen Regeln vor allem durch William Bateson bekannt gemacht, der auch ihre Gültigkeit bei Tieren nachwies und Mendels Hauptwerk ins Englische übersetzte.
Bedeutung
Schon vor Mendel hatten andere Forscher ähnliche Kreuzungsexperimente unternommen, so erstmals Joseph Gottlieb Kölreuter etwa 1760. Das Neue an Mendels Ansatz war, dass er sich auf sorgfältig ausgewählte einzelne Merkmale konzentrierte und seine Ergebnisse statistisch auswertete. Dem lag die neue Hypothese zugrunde, dass ein Organismus als ein Mosaik von Merkmalen aufgefasst werden könne, die sich unabhängig voneinander vererben und neu kombiniert werden können. Bis dahin war es üblich gewesen, bei derartigen Untersuchungen die Gesamtgestalten der Pflanzen zu vergleichen, und als materielle Grundlage nahm man gemeinhin sich mischende Flüssigkeiten an.
Der erstmals von Mendel geführte Nachweis, dass sich die genetische Gesamtinformation eines Lebewesens aus einzelnen Genen zusammensetzt, war auch ein wichtiger Beitrag zur Stützung der 1859 von Charles Darwin publizierten Selektionstheorie, die sich mit dem Einwand konfrontiert sah, dass neu entstandene Merkmale durch „mischende Vererbung“ im Laufe der Generationen ausgedünnt und verschwinden würden und die von Darwin ins Spiel gebrachte Selektion somit keinen Angriffspunkt finde.
Allerdings konnte Mendels Arbeit ihre Wirkung erst ab 1900 zusammen mit denen ihrer Wiederentdecker de Vries, Correns und Tschermak entfalten.
Im deutschen Sprachraum bürgerte sich das Verb „mendeln“ ein mit der Bedeutung, dass bestimmte Erbmerkmale in der nächsten Generation in spezifischen Gesetzmäßigkeiten wieder auftreten.
Posthume Würdigungen
Nach dem Ersten Weltkrieg gründete Hugo Iltis das Museum Mendelianum im Kloster in Brünn, dessen Direktor er bis 1937 war. Das Museum wird heute als Mendelovo muzeum (Mendel Museum) fortgeführt. 1922 organisierte er eine Mendel-Jahrhundertfeier in Brünn und gab dafür eine Festschrift heraus. Iltis gilt auch als erster Biograph Mendels.
Durch Senatsbeschluss vom 20. Oktober 1965 wurde die Gregor-Mendel-Medaille als eine besondere Auszeichnung für hervorragende Pionierleistungen auf dem Gebiete der allgemeinen Biologie (meist auf dem Gebiet der Molekularbiologie und Genetik) ohne nationale Beschränkung durch die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gestiftet.
1972 gründete Alfred Buchinger, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter von Erich Tschermak-Seysenegg, die Gregor Mendel Gesellschaft Wien als wissenschaftlichen Verein.
Am 23. September 1983 enthüllte Hans Maier, der damalige bayerische Staatsminister für Unterricht und Kultus, eine Büste von Johann Gregor Mendel in der Walhalla (untere Reihe Nr. 109). Dies ist die Ehrenhalle, die der bayerische König Ludwig I. 1830 oberhalb der Donau als Gedächtnisstätte für alle Deutsche errichten ließ, die „Bedeutendes geleistet“ haben.
Zahlreiche Straßen und Plätze erhielten Mendels Namen, beispielsweise in Berlin und Hamburg, oder öffentliche Einrichtungen wie das Gregor Mendel Gymnasium in Amberg, welches seit 1998 eine Gregor-Mendel-Medaille für besondere schulische Leistungen vergibt.
Kritik
Mendel war wohl der Erste, der statistische Methoden zur Erforschung von Vererbungsvorgängen verwendete. Spätere Überprüfungen der von ihm veröffentlichten Daten führten jedoch zu dem Ergebnis, dass diese weitaus besser zu Mendels theoretischer Erwartung passten, als dies statistisch zu erwarten gewesen wäre. So bemerkte Ronald Aylmer Fisher 1911 in einem Vortrag, dass die Wahrscheinlichkeit, eine so hervorragende Bestätigung von Mendels Erwartungen zu erhalten, 1:16 betragen habe. Dies könne, so Fisher, einfach Glück gewesen sein, es sei aber auch denkbar, dass Mendel, der mit möglichen Fehlerquellen bei statistischen Auswertungen nicht vertraut war, unbewusst eine Vorauswahl der berücksichtigten Tochterpflanzen getroffen habe. Eine umfassende Analyse veröffentlichte Fisher 1936, wobei er allerdings keinerlei Zweifel an der persönlichen Integrität Mendels äußerte, und in einem posthum veröffentlichten Kommentar nannte er als einzige ihn überzeugende Erklärung, dass ein Assistent ohne Mendels Wissen die Daten systematisch geschönt habe.
Fishers Kritik wurde seither in zahlreichen Publikationen aufgegriffen und diskutiert. In einer neuerlichen Analyse bestätigte Anthony W. F. Edwards 1986 Fishers Ergebnis, dass Mendels Daten in irgendeiner Weise manipuliert worden sein mussten.
Der Biologe und Biometriker Franz Weiling setzte sich in zahlreichen Publikationen mit Mendels Daten und der Kritik von Fisher und Edwards auseinander. In einer abschließenden und zusammenfassenden Arbeit legte er ausführlich dar, dass beide Kritiker bei ihrer Argumentation von einem der Versuchsanordnung Mendels nicht angemessenen mathematischen Modell (Chi-Quadrat-Test) ausgingen. Damit sei deren Verdacht der „Schönung von Daten“ widerlegt.
Dass Mendel bei den sieben von ihm untersuchten Merkmalspaaren nicht auf das Phänomen der Genkopplung stieß, obwohl die Erbse nur 7 Chromosomenpaare besitzt und bei 7 zufällig ausgewählten Merkmalspaaren mit großer Wahrscheinlichkeit einige Fälle von Koppelung hätten auftreten müssen, ist wohl damit zu erklären, dass er bei seinen umfangreichen Vorversuchen derartige Merkmale ausschied. Tatsächlich sind die Gene für die 7 Merkmale, die er auswählte, zwar auf nur 4 der 7 Chromosomen lokalisiert, jedoch liegen sie dort jeweils so weit auseinander, dass sie aufgrund des Crossing-over praktisch ungekoppelt vererbt werden. (Die Chromosomen und ihre Rolle bei der Vererbung waren 1866 noch nicht bekannt.)
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