Andrei Donatowitsch Sinjawski
- Geburt:
- 08.10.1925
- Tot:
- 25.02.1997
- Zusätzliche namen:
- Андрей Донатович Синявский, Абрам Терц; Andrei Donatowitsch Sinjawski,
- Kategorien:
- Dissidenten, Opfer der Repression (Völkermord) des sowjetischen Regimes, Schriftsteller, Wissenschaftler
- Nationalitäten:
- russisch
- Friedhof:
- Fontenay-aux-Roses, cemetery
Andrei Donatowitsch Sinjawski (russisch Андрей Донатович Синявский, wiss. Transliteration Andrej Donatovič Sinjavskij; * 8. Oktober 1925 in Moskau; † 25. Februar 1997 in Fontenay-aux-Roses bei Paris) war ein russischer Schriftsteller, Literaturhistoriker und Literaturkritiker und in der Sowjetunion politischer Häftling.
Unmittelbar nach seinem Schulabschluss wurde er 1943 zur Armee eingezogen und diente im Zweiten Weltkrieg als Funktechniker bei den Luftstreitkräften. Nach der Demobilisierung 1946 studierte er bis 1949 an der Philologischen Fakultät der Lomonossow-Universität in Moskau und arbeitete dort u.a. über Majakowski. Er lehrte am Maxim-Gorki-Literaturinstitut und wurde dort 1957 entlassen, als es nach der Auslandsveröffentlichung des Romans Doktor Schiwago von Boris Pasternak zu sogenannten Säuberungen im Kulturbetrieb kam. Sinjawski kam an der Moskauer Theaterschule unter und wurde einer der führenden literarischen Kritiker der Zeitschrift Nowy Mir (Neue Welt), herausgegeben von Alexander Twardowski, in den frühen 1960er Jahren eine der liberalsten Zeitschriften in der Sowjetunion.
Seit 1955 schrieb er selbst Prosa, konnte seine Texte aber nicht publizieren. Im Ausland veröffentlichte er deswegen einige systemkritische Texte unter dem Pseudonym Abram Terz (Абрам Терц). Sein Pseudonym erklärte er derart: «Sinjawski ist Kritiker, Sinjawski ist Professor … Terz ist reiner Künstler – Abram Terz ist unverschämt und frech, ein Dieb». - Der historische «Abram Terz» war ein russisch-jüdischer Bandit.
In dem 1959 unter dem Autorennamen Terz veröffentlichten Artikel Was bedeutet sozialistischer Realismus? analysierte er die offizielle sowjetische Literatur und diagnostizierte die konfliktarme, an politischen Grundsätzen der Partei ausgerichtete Praxis des sogenannten sozialistischen Realismus als Hauptursache für die schlechte Qualität der sowjetischen Literatur. Er forderte stattdessen die Rückkehr des Phantastischen in der Tradition von Gogol. In seinen eigenen Werken folgte er dieser Forderung und arbeitete mit phantastischen und übersinnlichen Elementen (Erzählungsband Phantastische Geschichten).
Als der KGB herausgefunden hatte, wer sich hinter dem Namen Terz verbarg, wurde Sinjawski verhaftet. 1966 wurde er in Moskau in einem aufsehenerregenden Schauprozess «wegen Herstellung von Büchern» zu sieben Jahren Arbeitslager verurteilt. Der gleichfalls angeklagte Schriftsteller Juli Daniel (1925–1988) wurde zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt. Durch die Verweigerung eines Schuldbekenntnisses lösten die beiden Autoren nicht nur eine internationale Protestflut aus, wichtiger war die in einem Brief an Parteichef Breschnew von sowjetischen Künstlern (darunter Marlen Chutziew, Maja Plissezkaja, Michail Romm, Innokenti Smoktunowski, Konstantin Paustowski und Kornei Tschukowski) und Wissenschaftlern (wie Lew Arzimowitsch, Pjotr Kapiza, Andrei Sacharow und Igor Tamm) an der Rückkehr zu stalinistischen Methoden geäußerte Kritik, die von Historikern als Initialzündung der sowjetischen Dissidentenbewegung beurteilt wird.
Obwohl der KGB keine Rückkehr Sinjawskis aus der Haft wünschte und deshalb angeordnet hatte, den Schriftsteller ausschließlich zu den schwersten körperlichen Arbeiten einzuteilen, überlebte er die Arbeitslager. 1973 wurde Sinjawski mit seiner Familie die Ausreise nach Paris gestattet. Dort war er Dozent an der Sorbonne, wo er russische Literatur lehrte. Zusammen mit seiner Frau Maria Rosanowa gründete er die Zeitschrift Syntaxis, die zwischen 1978 und 2001 in 37 Ausgaben erschien. Er starb im Alter von 71 Jahren an Krebs.
Werke
- Phantastische Geschichten: Sämtliche Erzählungen Paul Zsolnay Verlag, Wien/Hamburg 1967.
- Promenaden mit Puschkin
- Gute Nacht
- Was bedeutet sozialistischer Realismus
- Im Schatten Gogols
- Klein Zores, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-10-074402-0.
- Der Traum vom neuen Menschen oder die Sowjetzivilisation, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-10-074406-3.
- Iwan der Dumme : vom russischen Volksglauben, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-10-074412-8.
- Das Verfahren läuft : die Werke des Abram Terz bis 1965, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-10-074113-7.
- Eine Stimme im Chor, Die Werke des Abraham Terz, Band 2, aus dem Russischen von Svetlana Geier; Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Taja Gut S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-10-074436-4.
Weblinks
- Literatur von und über Andrei Donatowitsch Sinjawski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitschrift „Syntaxis“ komplett in Russisch
Ursache: wikipedia.org
Keine Orte
Name | Beziehung | Beschreibung | ||
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1 | Juli Markowitsch Daniel | Freund, Arbeitskollege, Gleichgesinnte | ||
2 | Stanislaw Goworuchin | Bekanntschaft | ||
3 | Pjotr Demitschew | Bekanntschaft | ||
4 | Alexander Esenin-Volpin | Bekanntschaft, Gleichgesinnte | ||
5 | Даниил Лунц | Gegner |
00.00.0 | The Sinyavsky–Daniel trial
The Sinyavsky–Daniel trial (Russian: Процесс Синявского и Даниэля) was a trial against Russian writers Andrei Sinyavsky and Yuli Daniel, which took place in Moscow between September 1965 and February 1966. It was the first Soviet show trial during which writers were openly convicted solely for their literary work. The trial is widely considered to mark the end of the period of Khruschev's liberalism and was a major starting impulse for the modern Soviet dissident movement.