Putins Rede auf der 43. Münchner Sicherheitskonferenz 2007
Putins Rede auf der 43. Münchner Sicherheitskonferenz 2007 war, auf Einladung des Vorsitzenden Horst Teltschik, die erste Rede eines russischen Staatsoberhaupts auf der Sicherheitskonferenz.
Hauptthemen seiner Rede am 10. Februar 2007 waren die „Unipolare Weltordung“, die NATO-Osterweiterung, die Abrüstung und das iranische Atomprogramm. Putins Rede gilt als Botschaft Russlands an den Westen, keine der USA untergeordnete Rolle in der Weltpolitik zu akzeptieren. Damit markierte die Rede einen bedeutenden Wandel in der russischen Außenpolitik und signalisierte eine selbstbewusstere und unabhängigere Haltung auf der internationalen Bühne. Putin machte deutlich, dass Russland bereit sei, seine Interessen zu verteidigen und eine aktivere Rolle in der Gestaltung der globalen Ordnung zu übernehmen.
Die Rede erweckte weltweit Aufsehen. Teilnehmer und Medien sprachen teilweise schockiert von einer Brandrede und einem neuen Kalten Krieg.
Im Rückblick sehen Kritiker die Aussagen Putins als frühe Anzeichen der imperialen Kurswendung Russlands, die zum Ukrainekrieg führte und die westliche Ordnung bedroht. Die russische Regierung und Befürworter der Rede sehen sie als frühe und deutliche Warnung Putins vor dem hegemonialen Anspruch der USA. USA, NATO und EU hätten diese Warnung ignoriert und in der Folge einen militärischen Konflikt in Osteuropa provoziert, anstatt eine multipolare Weltordnung zu akzeptieren und zu fördern.
Vorbereitung
Die Einladung Putins wurde von Horst Teltschik als dem langjährigen Vorsitzenden der Sicherheitskonferenz vorgenommen. Er war seit 1999 häufiger, auch privat, mit Putin zusammengetroffen. Im Mai 2006 hatte er Putin in Sotschi besucht und die Teilnahme angesprochen. Er hatte Putin vorgeschlagen, seine Position auf dieser Plattform in offener und ungeschminkter Weise mit großer internationaler Resonanz darzustellen. Über dieses Gespräch unterrichtete er Angela Merkel in einem langen Brief, erhielt nach eigener Aussage aber keine Antwort. Der Kernsatz Putins im Gespräch lautet nach Peter Hoeres in der Wiedergabe des Briefes an Merkel im Anhang zu Teltschiks 2024 veröffentlichtem Tagebuch: „Erst müssten die Beziehungen Russlands mit der NATO geklärt sein und weiterentwickelt werden, bevor die Ukraine der NATO beitreten könne und nicht umgekehrt. Sonst sei die NATO für Russland ein Feind.“ Angela Merkel hatte Putin zuletzt am Sonntag, den 21. Januar 2007 in Sotschi besucht, um ihn persönlich über ihre Ziele für die am 1. Januar begonnene EU- und G8-Präsidentschaft zu informieren. Eines der Ziele war die Erneuerung des Kooperationsabkommens der EU mit Russland, besonders in Fragen der Energielieferungen. In ihrer Autobiografie führte Merkel 2024 dazu aus, im Gespräch mit Putin habe sich Vorwurf an Vorwurf gereiht, vor allem wegen des Irakkriegs und der geplanten Stationierung von Mittelstreckenraketen, die er als gegen Russland gerichtet betrachtete. Sie habe ihm dazu ein Gespräch mit George W. Bush vorgeschlagen.
Wenige Tage vor der Konferenz hatte Sergej Iwanow die Nato im Allgemeinen und die Vereinigten Staaten im Besonderen stark kritisiert. Iwanow habe den Streit über den Plan der USA, in osteuropäischen Staaten Raketenabwehrsysteme zu errichten, in die Öffentlichkeit getragen, so Eckart Lohse.
Am Freitagabend vor der Rede war Putin nach seiner Landung auf dem Flughafen München im Hotel „Vier Jahreszeiten“ mit Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber zusammengekommen, schließlich trafen noch Verteidigungsminister Iwanow und dessen Sohn ein. Putin war mit 200 Mitarbeitern angereist. Er fuhr in einem gepanzerten Spezialmodell einer Mercedes-S-Klasse zum Hotel Bayrischer Hof, dahinter folgte unter anderen Fahrzeugen auch eine Limousine vom Typ SIL.
Eingangsrede Angela Merkels
Merkel sprach in der ersten Rede des Tages zunächst über globale Bedrohungen, Sicherheit und den Nahostkonflikt und bekräftigte die nordatlantische Partnerschaft und europäische Einigung als Eckpfeiler der deutschen Sicherheitspolitik. Dies führte über zur Afghanistanmission und zu den Pflichten der EU auf dem Balkan. Sie wolle unter der deutschen EU-Präsidentschaft die Beziehungen zu Osteuropa ausbauen. Wie, so Horst Teltschik, viele Zuhörer lange erwartet hätten, sei hierzu der entscheidende Satz gefallen: „Ganz ohne Zweifel ist hierbei die Partnerschaft zu Russland von besonderer Bedeutung". Danach sprach sie, wie Teltschik hervorhob, Putin persönlich an. Sie freue sich über seine Teilnahme. Die Gestaltung des zukünftigen Verhältnisses zwischen Russland, NATO und EU habe eine entscheidende Auswirkung auf die „Stabilität des gemeinsamen Raumes der Sicherheit in Europa“ und auf das Verhältnis zu „unseren“ Nachbarstaaten. In vielen Bereichen würde Russland schon heute gemeinsam mit „uns“ Verantwortung tragen. „Deshalb ist unsere Erfahrung: Gemeinsam mit Russland können wir viel bewegen und können wir viel erreichen."
Das heißt, wir müssen die Chancen, die sich aus einem Zusammenrücken der Völker ergeben, nutzen und sie immer wieder aufspüren. Das heißt: Gemeinsame Verantwortung zwischen Russland, der Europäischen Union und der Nato liegt in unserem Interesse. Deshalb liegt mir auch sehr viel daran, dass wir bald die Verhandlungen für ein Kooperationsabkommen mit der Europäischen Union beginnen können und dass wir die bestehenden Differenzen ausräumen müssen.
Danach äußerte sie „fast zögerlich“ (Teltschik): „Ich glaube, wir brauchen auch eine engere Partnerschaft zwischen der Nato und Russland.“ Sie erwähnte Gespräche der „vergangenen Tage“. Man müsse sich „sehr offen“ austauschen, etwa über die Stabilität der schwierigen Regionen in der russischen Nachbarschaft. Die unterschiedlichen Sichtweisen machten es notwendig, miteinander zu sprechen. Sie spielte dann nach Teltschiks Verständnis auf das Problem der Installation von Mittelstreckenraketen an, die kurz vor der Konferenz in Angriff genommen wurde: „Ich sage das auch im Hinblick auf neue militärische Installationen, hinsichtlich derer ich immer glaube, dass es wichtig ist, miteinander im Gespräch zu bleiben und nicht gegeneinander zu reden; das hat uns überhaupt noch nie genutzt. Es kann dann immer noch Bereiche geben, in denen man zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zusammenkommt, aber so zu tun, als sei man in dieser Welt nicht in hohem Maße aufeinander angewiesen, das wäre ein Sich-in-die-Tasche-Lügen.“
Teltschik hebt hervor, dass in der anschließenden Diskussion keiner der Teilnehmer zu der Ausgestaltung einer engeren Partnerschaft zwischen NATO und Russland nachgefragt habe.
Reaktion Putins
Während Angela Merkels unmittelbar vorausgehender Eingangsrede machte sich Putin, dessen Sitzplatz direkt neben Merkels war, Notizen zu weiteren Themen und änderte das ausgedruckte Manuskript seiner Rede ab. Nach Haslam war Putin bis zur letzten Minute nervös, stöberte in den Papieren und formulierte hastig Teile seines Manuskripts um. In seiner Rede bezog er sich an zwei Stellen explizit auf die vorausgegangene Rede Merkels und einmal auf eine in der anschließenden Diskussion von Joe Liebermann an sie gerichtete Frage.
- Er bezog sich auf Merkels Hinweis, dass das BIP Indiens und Chinas hinsichtlich der paritätischen Kaufkraft schon größer als das der USA sei. „Das gleichermaßen berechnete BIP der BRIC-Staaten – Brasilien, Russland, Indien und China- übersteigt das BIP der EU. Nach Auffassung der Experten wird diese Entwicklung weiter anhalten."
- Joe Liebermann hatte gefragt, ob wir etwa untätig und willenlos auf die verschiedenen inneren Konflikte in einzelnen Ländern starren sollten, auf das Treiben autoritärer Regimes, von Tyrannen, auf die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen? „Genau hierin lag das Wesen der Frage, die der Bundeskanzlerin von unserem verehrten Kollegen Lieberman gestellt wurde. Das ist tatsächlich eine ernsthafte Frage! Können wir unbeteiligt zusehen, was passiert? Natürlich nicht.“
- Er bezog sich auf das von Merkel kurz angesprochene Thema der internationalen Zusammenarbeit im Energiebereich. „Im Energiebereich orientiert sich Russland auf die Schaffung von für alle einheitlichen Marktprinzipien und transparenter Bedingungen. Es ist offensichtlich, dass der Preis für Energieträger sich dem Markt anpassen muss und nicht zum Spielball politischer Spekulationen, ökonomischen Drucks oder von Erpressung sein darf.“
Vorstellung durch Teltschik
Teltschik wies in seinen einführenden Bemerkungen zur Rede Putins darauf hin, wie wichtig die Beziehung Deutschlands und Russlands sei, auch für die europäische Union, zumal Deutschland den EU-Vorsitz und die G8-Präsidentschaft innehabe. Die Erneuerung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen Russland und der EU werde vorbereitet.
Inhalte
Zu Beginn seiner 32-minütigen Rede am 10. Februar sagte Putin, das Format der Sicherheitskonferenz biete ihm die Gelegenheit, „der 'übertriebenen Höflichkeit' zu entgehen, mit geschliffenen, angenehmen, aber leeren diplomatischen Worthülsen sprechen zu müssen“ und das zu sagen, was er wirklich denke. Er hoffe, dass der Vorsitzende der Konferenz, Horst Teltschik, ihm nicht gleich das rote Licht einschalte und das Mikro abdrehen werde.
Kritik an der unipolaren Weltordnung
Beginn der Rede Putins am 10. Februar 2007.
Wladimir Putin betonte zunächst in Bezug auf das Thema der Konferenz den „umfassenden und unteilbaren Charakter der Sicherheit“: „Die Sicherheit des Einzelnen – das ist die Sicherheit aller“. Er zitierte Franklin D. Roosevelt: „Wo auch immer der Frieden gebrochen wird, ist er gleichzeitig überall bedroht und in Gefahr.“
Dies führte zu Putins erstem Thema, einer scharfen Kritik an der unipolaren Weltordnung und der Dominanz der USA, die damit nach dem Ende des Gleichgewichts der Mächte im Kalten Krieg den Weltfrieden gefährde.
Putin stellte die Legitimität einer solchen Weltordnung in Frage: „Ein unipolares Modell ist nicht nur inakzeptabel, sondern auch unmöglich in der heutigen Welt.“ Eine solche Ordnung führe zu Instabilität und Konflikten, da sie die Interessen und Souveränität anderer Nationen missachte. Diese Dominanz bringe einen „fast unkontrollierten Hyper-Einsatz von Gewalt“ in den internationalen Beziehungen mit sich und destabilisiere die globale Sicherheit. Ein solches System sei nicht nachhaltig und zwinge die Weltgemeinschaft dazu, sich gegen die USA zu positionieren und aufzurüsten, auch nuklear, womit der auf den Iran anspielte. Die USA hätten „ihre Grenzen in fast allen Bereichen überschritten“. In den „militärischen Abenteuern“ kämen Tausende von friedlichen Menschen ums Leben. Anderen Staaten würden „Regeln aufgedrängt, die sie nicht wollen“. Wem könne das schon gefallen, fragte Putin.
„Eine monopolare Welt, das heißt: ein Machtzentrum, ein Kraftzentrum, ein Entscheidungszentrum. Dieses Modell ist für die Welt unannehmbar. Es ist vernichtend, am Ende auch für den Hegemon selbst.“
Das „monopolare Modell“ habe in dieser Welt keinen moralischen und ethischen Bestand. Er warnte EU und Nato davor, alleine als Konfliktlöser auftreten zu wollen. Es gebe eine fast ungezügelte Anwendung von Gewalt, das Völkerrecht werde zunehmend missachtet. Niemand fühle sich sicher. Grundlage für den Einsatz von Waffen könnten jedoch nur die Statuten der Vereinten Nationen sein. Man solle die Vereinten Nationen nicht durch EU oder Nato ersetzen.
Rolle der Armut
Putin identifizierte die Armut in der Welt als ein Hauptproblem globaler Sicherheit. Er kritisierte aber die Hilfsprogramme, insofern sich Unternehmen der Geber-Länder dieses Geld „aneignen“ würden. Zur selben Zeit würden in den entwickelten Ländern die Subventionen in der Landwirtschaft aufrechterhalten. „Nennen wir die Dinge doch beim Namen: Mit der einen Hand wird „wohltätige Hilfe“ geleistet, aber mit der anderen wird nicht nur die wirtschaftliche Rückständigkeit konserviert, sondern auch noch Profit gescheffelt."
Rolle von OSZE und NGOs
Putin warf der OSZE vor, sie sei zum Instrument der Einmischung in innere Angelegenheiten von Teilnehmerstaaten geworden. Dieser Einmischung sei auch der bürokratische Apparat der OSZE untergeordnet worden, der überhaupt nicht mit den Teilnehmerländern verbunden sei, ebenso wenig wie die Prozeduren für die Annahme von Entscheidungen. Auch die so genannten „Nicht-Regierungs-Organisationen“ dienten der Einmischung. Sie seien zwar formal unabhängig, würden aber zielgerichtet vom Ausland finanziert, und „das heißt kontrolliert“, so Putin.
Militärische Interventionen
Militärische Interventionen der USA und ihrer Verbündeten würden oft ohne die Zustimmung der internationalen Gemeinschaft und unter Missachtung des Völkerrechts durchgeführt. Putin betonte, diese militärischen Aktionen trügen nicht zur Stabilität bei, sondern führten im Gegenteil zu mehr Chaos und Unsicherheit.
„Wir sehen eine immer größere Missachtung der Grundprinzipien des internationalen Rechts. Ein Staat – und dabei spreche ich natürlich zunächst und vor allem von den Vereinigten Staaten – hat seine nationalen Grenzen in jeder Hinsicht überschritten.“
Militarisierung des Weltraums
In der Militarisierung des Weltraums sah Putin die Mögloichkeit, für die Weltgemeinschaft unvorhersehbare Folgen zu provozieren. Er verwies auf vorliegende und aktuelle Initiativen vorgelegt zu Verträgen, mit denen der Verzicht auf Waffen im Kosmos festgelegt würden.
Abrüstung
Putin hob die Tatsache kritisch hervor, dass die NATO-Staaten sich unter Vorwänden weigern würden, den revidierten Vertrag über die Begrenzung der konventionellen Streitkräfte in Europa (KSE) zu ratifizieren. Trotz des Vorwurfes an Russland Truppen in Moldawien zu stationieren, erntstünden in Bulgarien und Rumänien entstehen „so genannte leichte amerikanische Vorposten-Basen“ mit jeweils 5000 Mann. „Das bedeutet, dass die NATO ihre Stoßkräfte immer dichter an unsere Staatsgrenzen heranbringt, und wir, die wir uns streng an den Vertrag halten, in keiner Weise auf dieses Vorgehen reagieren.“
Kritik am US-Raketenabwehrschirm gegen Iran
Putin kritisierte den von den USA geplanten Aufbau eines Raketenabwehrsystems in Polen und Tschechien, der offiziell von seiten der USA mit einer Bedrohung durch „Schurkenstaaten“ wie dem Iran begründet wurde. Putin hielt dagegen: Der Iran bedrohe Europa nicht, da die Reichweite der iranischen Raketen zu kurz sei. Keiner der Problemstaaten habe Raketen mit Reichweiten von 5000 bis 8000 Kilometern, die über Europa abgefangen werden müssten. Er argumentierte, solche Maßnahmen dienten nicht dem Schutz Europas, sondern seien eine strategische Maßnahme gegen Russland. Putin schlug alternative Sicherheitsvereinbarungen vor, die jedoch von den USA abgelehnt worden seien. Er warnte davor, dass die Raketenabwehrpläne der USA ein neues Wettrüsten auslösen könnten.
NATO-Osterweiterung und Sicherheitsbedenken
Ein zentrales Thema seiner Rede war die NATO-Osterweiterung. Der Prozess der NATO-Erweiterung habe keinerlei Bezug zur Modernisierung der Allianz selbst oder zur Gewährleistung der Sicherheit in Europa. „Im Gegenteil, das ist ein provozierender Faktor, der das Niveau des gegenseitigen Vertrauens senkt.“ Die Bedrohung heute gehe heute von Terroristen aus. Dennoch schiebe die NATO ihre militärische Infrastruktur an die russische Grenze. „Warum ist es notwendig, die NATO bis an unsere Grenzen zu erweitern?“ Putin bezeichnete, laut Niels Kruse (Stern) erstmals, die NATO-Osterweiterung an die Grenzen Russlands als direkte Bedrohung für die Sicherheit Russlands. Er verwies auf seiner Auffassung nach gegebene Zusicherungen westlicher Führer nach dem Zerfall des Warschauer Pakts, die NATO würde sich nicht nach Osten ausdehnen: „Die Garantien, die uns gegeben wurden, wurden nicht eingehalten. Ist das normal?“ Putin gab ein angebliches Zitat Manfred Wörners wieder: „Schon der Fakt, dass wir bereit sind, die NATO-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.“ Putin fragte, wo diese Sicherheitsgarantien seien. Der Bruch dieser Versprechen habe zu einem Vertrauensverlust geführt. Putin argumentierte, die NATO-Erweiterung trage nicht zur Sicherheit Europas bei, sondern provoziere Spannungen und reduziere das gegenseitige Vertrauen. Die militärische Infrastruktur der Nato reiche „bis an unsere Grenzen“ heran, äußerte Putin. Er warnte die Nato vor „ungezügelter Militäranwendung“. Nordatlantik-Allianz und Europäische Union würden anderen Ländern ihren Willen aufzwingen.
Energiepolitik
Putin sprach auch über die Energiepolitik und die Bedeutung von Energie als Instrument der Außenpolitik. Er betonte, Russland sei ein zuverlässiger Lieferant von Energie und die Energiepolitik sollte nicht zur Erpressung genutzt werden. „Wir sind kein Feind, wir sind ein Partner“, sagte Putin und forderte eine faire und transparente Energiepolitik.
Aufruf zu einer multipolaren Welt
Putin plädierte für eine multipolare Welt, in der mehrere Machtzentren koexistieren und kooperieren können. Er betonte die Bedeutung des Völkerrechts und der Vereinten Nationen als Grundlage für globale Sicherheit und Stabilität. Putin forderte ein ausgewogeneres und gerechteres internationales System, das die Souveränität aller Nationen respektiert. Er hob hervor, nur durch Zusammenarbeit und gegenseitigen Respekt könne eine stabile und sichere Weltordnung erreicht werden: „Nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir die Herausforderungen der modernen Welt bewältigen“.
Diskussion
Nach der Rede dankte Horst Teltschik Putin für seine "wichtige Rede" und erwähnt, man habe neue Themen gehört, Abrüstung, Rüstungskontrolle, die Beziehungen von NATO und Russland, die technologische Zusammenarbeit, einschließlich des Themas einer globalen Sicherheitsarchitektur. Horst Teltschik fügte in Parenthese hinzu, dieses Thema habe in den letzten Jahren nicht im Vordergrund gestanden. Er eröffnete die Diskussion, die etwa 30 Minuten dauerte. Es wurden acht Fragen gestellt:
- Markus Meckel: Ob Putin die Selbstbestimmung der neuen NATO-Mitglieder anerkenne und eingestehe, dass die Erweiterung der NATO die Ostgrenzen sicherer mache. Warum habe er Angst vor Demokratie? Der Fragesteller äußerte Besorgnis wegen der Verfolgung von Journalisten und der Einschränkung der Arbeit von NGOs in Russland.
- Senator Johnny Isakson: Der internationale Terrorismus habe zugenommen, weshalb der Schutz von Kernmaterialien und die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen wichtig seien.
- Ruprecht Pohlenz: Was werde mit dem Kosovo und mit Serbien? Wie stehe Putin zu Martti Ahtisaaris Vorschlägen?
- Stefan Kornelius: Welche Erfahrungen habe die russische Armee hinsichtlich der übermäßigen Gewaltanwendung in Tschetschenien gemacht? Hinsichtlich der Energiewirtschaft wurde Putin gefragt, ob er bereit sei, die Sicherheit der Energielieferungen zu garantieren und dies in dem EU-Partnerschaftsabkommen festzuschreiben.
- Jane Harman: Welche Bemühungen werde Russland unternehmen, um die Entwicklung von Kernwaffen im Iran zu stoppen?
- Josef Joffe: Ob es stimme, dass Russland einen verstärkten Druck in Form von Sanktionen auf den Iran verhindere. Ob russische Lieferungen von „hoch-sophisticated“ Waffen an den Iran nicht den Druck verminderten; diese seien auch im Libanon und im Gaza-Streifen gelandet.
- Senator Jon Kyl: Nur Russland entwickele neue strategische Waffen. Putin wurde aufgefordert zu sagen, dass Russland nie Kriegshandlungen ohne Zustimmung der UNO führen werde, unabhängig davon, ob seine internationalen Interessen bedroht sind.
- Kenneth Roth: Putin kritisiere Unipolarität, sein Land werde aber unipolar regiert. Inwiefern könne man von so einem Land Sicherheit bei den Energielieferungen erwarten?
Putin antwortete zu den einzelnen Punkten:
- Die eigene Sicherheit zu gewährleisten, sei natürlich das ausschließliche Recht eines jeden souveränen Staates. Warum solle jedoch bei der Erweiterung ausgerechnet die Militärinfrastruktur näher an die russischen Grenzen verlegt werden: „Was hat der Ausbau der militärischen Infrastruktur mit der Abwendung der globalen Bedrohungen der Gegenwart gemein? (…) Die Erweiterung der militärischen Infrastruktur in der Nähe unserer Grenzen hat hier mit dem demokratischen Auswahlrecht einzelner Staaten nichts zu tun. Diese beiden Begriffe dürfen nicht verwechselt werden.“
- Wenn NGOs von ausländischen Regierungen finanziert würden, so betrachtete Russland diese als Instrumente ausländischer Staaten bei der Realisierung einer Politik gegenüber Russland. Außerdem gebe es in allen Ländern bestimmte Regeln für die Finanzierung beispielsweise von Wahlkampagnen. Über die nichtstaatlichen Organisationen erfolge die Finanzierung aus Regierungsquellen anderer Länder. Das sei nicht demokratisch, sondern eine Beeinflussung des einen Staates durch einen anderen. Russland sei daran interessiert, „dass sich die zivile Gesellschaft innerhalb von Russland selbst entwickelt, dass sie die Behörden rügt und kritisiert und der Macht hilft, deren Fehler zu finden und die Politik im Interesse der Menschen zu korrigieren.“ Die Ermordung von Journalisten werde gerichtlich verfolgt, dem Fragesteller sei aber als Fachmann bekannt, dass es die meisten Morde an Journalisten im Irak gebe.-
- Putin äußerte, wenn eine Partei mit der vorgeschlagenen Lösung zur Energiesicherheit grundsätzlich unzufrieden sei, würde Russland diese Lösung nicht unterstützen. Was Tschetschenien betrifft, seien ein Parlament und ein Präsident gewählt worden und es bestehe eine Regierung. So gut wie alle politischen Kräfte in Tschetschenien seien in den Aufbau eines Macht- und Verwaltungsapparates einbezogen. Die Prinzipien, wie sie in der Energiecharta enthalten sind, seien im Großen und Ganzen akzeptabel. „Doch die Charta selbst passt uns nicht ganz. Denn sie wird weder von uns noch von unseren europäischen Partnern erfüllt. Man denke allein an den Markt für Kernmaterial, von dem wir ausgeschlossen bleiben.“
- Putin sprach von Beweisen dafür, dass die Technologien zur Entwicklung von Raketen sowohl aus Europa als auch aus asiatischen Staaten an den Iran flössen. Irans Raketen seien mit einer Reichweite von 1600/1700 Kilometern keine Bedrohung für Europa. Russland lehne die Entwicklung iranischer Atomwaffen ab. Die militärtechnische Zusammenarbeit sei minimal.
- Im Libanon habe Russland Aufbauarbeit in der Infrastruktur geleistet. Im Gaza-Streifen seien keine russischen Waffen, außer vielleicht Kalaschnikows, im Libanon seien gegen die Vereinbarung von Syrien russische Panzerabwehrwaffen zurückgelassen worden. Dies soll in Zukunft durch Kontrollen verhindert werden.
- Russland wisse, dass die Vereinigten Staaten an einem Raketenabwehrsystem arbeiten, das die Bedrohung durch die heutigen Nuklearkräfte Russlands völlig neutralisieren würde. Dies bedeute, dass „das Kräftegleichgewicht absolut zerstört wird und dass bei einer der Seiten das Gefühl einer völligen Sicherheit entstehen wird, was ihr Handlungsfreiheit geben würde, und zwar nicht nur in lokalen, sondern vielleicht bereits auch in globalen Konflikten.“ Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten Russlands müsse man eine billigere asymmetrische Antwort geben. Dies sei nicht gegen die USA gerichtet, es sei nichts Persönliches, sondern reine Kalkulation. „Das System der Beziehungen ist wie Mathematik.“ Russland werde stets strikt im Rahmen des Völkerrechts agieren. Als Jurist erlaube er sich, sich selbst wie die Kollegen daran zu erinnern, dass für Friedensoperationen gemäß der UNO-Charta Sanktionen der Organisation der Vereinten Nationen und des UN-Sicherheitsrates erforderlich sind. „In der UNO-Charta gibt es auch einen Artikel über das Recht auf Selbstverteidigung. Da sind keine Sanktionen mehr nötig.“
- Russland entwickele sich zu einem Mehrparteienstaat, der Fragesteller solle sich mit den Oppositionsparteien unterhalten, um sich zu überzeugen. Zur Erhöhung der Energiesicherheit habe man mit der Ukraine einen 5-jährigen Durchleitungsvertrag statt der bisherigen jährlichen Verhandlungen abgeschlossen.
Teltschik verwies auf eine weitere Gesprächsmöglichkeiten mit dem Außenminister Russlands am Sonntag.
Reaktionen der Teilnehmer
Allgemeine Einschätzungen
Nach der Darstellung Jochen Bittners (Die Zeit) schienen viele der Sicherheitspolitiker und -experten die Tragweite von Putins Worten unmittelbar nach seiner Rede noch nicht recht erfasst zu haben. Kurt Beck habe in seiner späteren Rede völlig unbeeindruckt davon gesprochen, dass Deutschland die „besondere strategische Partnerschaft mit Russland voranbringen“ wolle. Der US-amerikanischen Delegation in der ersten Reihe habe Schlimmes geschwant. Die Mienen seien versteinert gewesen, schreibt der Spiegel.
Einzelne Stimmen NATO
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer habe verärgert reagiert und „einen Bruch“ gesehen: Die Äußerungen von Putin würden nicht zur viel beschworenen „Partnerschaft zwischen Russland und der Nato“ passen. (Laut NZZ sprach De Hoop Scheffer von einem „Bruch zwischen Fakten und Rhetorik“.) In seiner Rede habe sich De Hoop Scheffer enttäuscht gezeigt und sein Unverständnis für Putins Äußerung gegen die Nato-Osterweiterung bekundet: „Wörtlich fragte er: Wie könne man sich denn sorgen, „wenn Demokratie und Rechtsstaat näher an die Grenzen rücken“?
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich eine Diskrepanz sehe zwischen der NATO-Russland-Partnerschaft, wie sie sich entwickelt hat und wie sie sich derzeit entwickelt, und Präsident Putins Rede heute Morgen. Ich kann meine Enttäuschung darüber nicht verbergen ... . Ich denke, das ist nicht hilfreich, denn diese Partnerschaft zwischen NATO und Russland ist eine Partnerschaft, die für beide Seiten einen Mehrwert bietet. (...) Und wer könnte sich darüber Sorgen machen? Ich frage mich selbst und Sie rhetorisch – und ich weiß, dass ich hier Präsident Ilves aus Estland zitiere – wer könnte beunruhigt sein, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit näher an die Grenzen eines Landes heranrücken? Wer könnte sich darüber Sorgen machen? Ich nicht, und ich denke, niemand sollte es tun. In diesem Sinne hoffe ich, dass Wege gefunden werden, meine Enttäuschung – und ich denke auch die Enttäuschung der Alliierten – zu mindern.
Deutschland
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte ihre Überzeugung, dass auch in Zukunft die Nato der „stärkste Ausdruck gemeinsam formulierter Sicherheitspolitik“ bleibe.
Außenminister Walter Steinmeier gegen Ende seiner Rede, die Zusammenarbeit Europas mit Russland, der USA und China, sei entscheidend für die Lösung zentraler Sicherheitsfragen. Dabei ging er auf die Notwendigkeit ein, den Iran und andere Staaten vom nuklearen Wettrüsten abzuhalten und hob hervor, dass die Zusammenarbeit mit Russland bei der Eindämmung von Konflikten und der nuklearen Abrüstung von großer Bedeutung sei. Abschließend rief Steinmeier dazu auf, die euro-atlantische Partnerschaft durch kreative und dynamische Zusammenarbeit zu stärken, um eine stabile globale Ordnung zu prägen und eine bessere Welt zu schaffen.
Der CDU-Außenpolitiker und damaliger Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, teilte die Enttäuschung Scheffers. Man habe von Putin eine Rede zur strategischen Partnerschaft zwischen Nato und Russland erwartet, „aber davon war er weit entfernt“. Bei Putin sei „viel Verletzung“ spürbar gewesen, „Verletzung über die verlorene Weltmachtrolle“, bewertete Pflüger die Rede.
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) äußerte Verständnis für die Sorgen Putins und erklärte: „Ich hoffe, wir können beim nächsten Nato-Russland-Rat darüber sprechen“. In seiner Rede hob er hervor, dass Russland ein wichtiger Partner für die NATO sei, insbesondere im Rahmen der NATO-Russland-Rat-Partnerschaft. Er erkannte die gemeinsamen Sicherheitsinteressen an, betonte jedoch, dass die NATO nicht als Weltpolizei agieren könne und ihre Kernaufgabe weiterhin die Sicherung der europäischen und nordamerikanischen Interessen bleibe. Die NATO müsse jedoch auch bei der Bewältigung globaler Krisen eine Schlüsselrolle spielen.
Kurt Beck wurde nach der Rede Putins gefragt, ob der Kalte Krieg wieder ausgebrochen sei. „Genau das Gegenteil habe ich erlebt. Wir haben einen offenen Austausch darüber, wie ein stabiles Miteinander entstehen kann.“ Beck zeigte sich beeindruckt von Putins Offenheit und wies Sorgen um einen neuen Kalten Krieg zurück. Beck forderte: „Man muss den Dialog mit Russland intensiver führen.“ „Wir haben einen offenen Austausch darüber, wie ein stabiles Miteinander entstehen kann.“ Der SPD-Außenexperte Karsten Voigt wies darauf hin, dass es Putin nicht um die Meinungen der Konferenzteilnehmer gegangen sei. Putin habe die Rede an die Öffentlichkeit gerichtet. Es sei keine Propagandarede, es sei klar geworden, was Putin wirklich denke: „Wir müssen das ernst nehmen.“
Der ehemalige Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Klaus Naumann, attestierte Putin eine verpasste Chance und verspielte Sympathien: Putin habe versucht, „den Eindruck eines starken Russlands zu erwecken, tatsächlich aber sei das Land schwach“.
Horst Teltschik befand am 2. Juni 2007, viele Punkte der Rede Putins seien noch nicht aufgenommen worden. Die Rede habe einen Gesprächsbedarf auf höchster Ebene deutlich gemacht, dem man nicht nachgekommen sei. Putins Rede habe auf die aggressive Vorjahresrede Mc Cains geantwortet. Es handele sich nicht, wie oft behauptet, um einen neuen kalten Krieg. Das Verhalten Russlands erkläre sich aus dem geschwächten Image der USA und den innenpolitischen Rücksichten Putins wegen der anstehenden DUMA- und Präsidentschaftswahlen. Putin finde sich außerdem zurecht nicht genügend unterrichtet und konsultiert, etwa in der Frage des NATO-Beitritts der Ukraine. Die Klugheit fordere die Einbeziehung der russischen Perzeption und die Förderung der Integration Russlands in Europa. Die Beziehung der NATO zu Russland müsse, wie, weitgehend ignoriert, Angela Merkel angesprochen hatte, weiterentwickelt werden; ein NATO-Beitritt, und, wie von Jabloko vorgeschlagen, ein EU-Beitritt, seien zu erwägen. Die Fortsetzung von Kohls Partnerschaftspolitik sei entscheidend, um zu verhindern, dass Russland in alte politische Formen zurückfallen könnte. Die Demokratisierung Russlands brauche Zeit, die an Russland angelegten Maßstäbe seien überzogen und im Vergleich zur Behandlung anderer Länder wie China ungerecht. Die Vision einer gesamteuropäischen Ordnung wie in der Charta von Paris für ein neues Europa (1990) sei nicht strategisch und kooperativ umgesetzt worden, sondern das Agieren der Politik sei einem muddling vergleichbar, es bestehe aus punktuellen Reaktionen auf unerwartete Ereignisse.
Russland
Putins Sprecher Dmitri Peskow hob hervor, dass die Rede zeigen sollte, dass Russland aufgrund seiner gewachsenen Rolle auf der Weltbühne Anspruch auf Mitsprache erhebe und nannte die Rede einen „Alarmruf“. Es gehe „nicht um Konfrontation, sondern um Sorge“. Außenminister Sergej Iwanow, der zum siebten Mal teilnahm, sagte auf einer anschließenden Pressekonferenz: „Ich denke, dass die Rede des russischen Präsidenten sehr auf den Punkt war. Das ist kein Denken des kalten Krieges.“ Iwanow erinnerte an die Unterschiede in den Verteidigungsbudgets. Außerdem gebe es mehr gewaltsame Konflikte weltweit als zu Zeiten des Kalten Krieges. Das Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien sei technisch nur auf Russland gerichtet.
USA
Der amerikanische Senator John McCain widersprach der Einschätzung Putins zur Rolle Amerikas. Russland entferne sich immer mehr von „unseren wesentlichen Werten“, was eine Partnerschaft ausschließe. Es gebe keine unipolare Welt, die US-Stützpunkte in Osteuropa seien auf Wunsch der neuen Mitglieder der Allianz entstanden. Er fand die Rede sehr aggressiv, aber die USA begrüßten den Dialog, so McCain, und man freue sich auf weitere Diskussionen.
Joe Liebermann bezeichnete die Äußerungen Putins als provokant und enttäuschend, weil er gehofft habe, „wir wären über diese Art von Rhetorik hinaus.“
Der amerikanische Verteidigungsminister Robert Gates sagte: „Keiner will einen neuen Kalten Krieg mit Russland.“ In seiner Rede am folgenden Tag äußerte er, viele der Zuhörer hätten einen diplomatischen oder politischen Hintergrund, wie der gestrige zweite Redner Putin habe auch er selbst eine Karriere im Spionagegeschäft. „Und ich schätze, alte Spione haben die Angewohnheit, unverblümt zu sprechen.“ Gates äußerte Bedenken hinsichtlich russischer Waffenlieferungen. Russland sei versucht, Energieressourcen für politische Zwecke zu nutzen, dies könne die internationale Stabilität gefährden. Er sah jedoch gemeinsame Problemen und Herausforderungen, die in Partnerschaft mit anderen Ländern, darunter Russland, angegangen werden müssten.
Nach Darstellung der NZZ stellte Gates in seiner Rede fest, dass in der weltpolitischen Wende von 1989/91 nicht einfach die NATO über den Warschaupakt «gesiegt» habe, sondern die Ideen von Freiheit und Menschenrechten Strahlkraft und Vorrang über die Mächte der Unterdrückung und Unfreiheit bewiesen hätten. Gates habe sich ausdrücklich auch auf Distanz zu überholten Unterscheidungen zwischen «altem» und «neuem» Europa gehalten, „mit denen sein Amtsvorgänger Rumsfeld mehrmals NATO-Partner diesseits des Atlantiks verärgert hatte.“ Gates habe gelassen erstaunt über Putins Vorwürfe reagiert und die von Putin und Verteidigungsminister Iwanow an ihn ergangene Einladung nach Moskau erwähnt.
In seinen Memoiren führte Gates aus, er habe Bush nach der Konferenz die Überzeugung mitgeteilt, dass der Westen und insbesondere die Vereinigten Staaten ab 1993 das Ausmaß der Demütigung für Russland durch die Niederlage im Kalten Krieg stark unterschätzt hätten. „Was ich dem Präsidenten nicht sagte, war, dass ich glaube, dass die Beziehungen zu Russland nach 1993 schlecht gehandhabt worden sind.“ Die US-Vereinbarungen mit der rumänischen und bulgarischen Regierung zur Rotation von Truppen über Stützpunkte in diesen Ländern seien eine „unnötige Provokation“ gewesen. Der Versuch, Georgien und die Ukraine in die NATO zu bringen, sei zu weit gegangen, ein Fall „rücksichtsloser Missachtung dessen, was die Russen als ihre eigenen lebenswichtigen nationalen Interessen betrachteten“.
US-Senator Lindsey Graham bemerkte: „Mit seiner einzigen Rede hat er mehr dazu beigetragen, die Vereinigten Staaten und Europa zu vereinen, als wir allein in einem Jahrzehnt erreichen könnten.“
Tschechien
Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg äußerte: „Irgendjemand hat hier nicht gemerkt, dass es die Sowjetunion nicht mehr gibt“. Falls in Polen und in der tschechischen Republik Teil eines Raketenschutzschildes werde, dann betreffe das Polen, die tschechische Republik und die NATO. Und niemanden sonst, sagte er laut Stern. Putins Äußerungen zeigten, so Schwarzenberg nach Reuters, wie wichtig eine Ausweitung des transatlantischen Militärbündnisses der NATO sei. Reuters zitiert ihn: „Wir müssen Präsident Putin danken, der sich nicht nur darum bemüht hat, dieser Konferenz eine größere Publizität zu verleihen, als wir erwartet hatten, sondern der auch klar und überzeugend argumentiert hat, warum die NATO erweitert werden sollte“.
Bibliographie
- Stephen F. Cohen: War with Russia?: From Putin and Ukraine to Trump and Russiagate, New York, 2018, ISBN 978-1-63152-500-3
- Angela Stent: The Limits of Partnership: U.S.-Russian Relations in the Twenty-First Century, Princeton, 2014, ISBN 978-0-691-15034-9
- Dies.: Putin’s World: Russia Against the West and With the Rest, New York, 2019, ISBN 978-1-5417-6825-3.
- Richard Sakwa. Frontline Ukraine: Crisis in the Borderlands. London: I.B. Tauris, 2015.
- Ders.: Russia Against the Rest: The Post-Cold War Crisis of World Order, Cambridge, 2017, ISBN 978-1-316-60372-1
- Gerhard Mangott: Die Außenpolitik Russlands unter Wladimir Putin: Zwischen innenpolitischen Zwängen und Großmachtstreben, Innsbruck, 2013, ISBN 978-3-7089-0985-6
- Horst Teltschik: Russisches Roulette. Vom Kalten Krieg zum Kalten Frieden. C. H. Beck, München 2019, ISBN 978-3-406-73229-4 (Leseprobe).
- Matthias Dembinski, Hans-Georg Ehrhart (Hrsg.): Die Münchner Sicherheitskonferenz: Geschichte, Akteure und Entwicklungen, Baden-Baden, 2019, ISBN 978-3-8288-4246-3.
- Alexander Rahr: Wladimir Putin. Der Deutsche im Kreml, München, 2012, ISBN 978-3-8288-2684-6.
- Keir Giles: Moscow Rules: What Drives Russia to Confront the West, Washington D.C., 2019, ISBN 978-0-8157-3636-0.
- Marlène Laruelle: Russie: Vers une nouvelle guerre froide?, Paris, 2014, ISBN 978-2-7246-1158-2.
- Jean-Robert Raviot: La Russie de Poutine: Essai sur l'autocratie postmoderne, Paris, 2018, ISBN 978-2-0814-1226-4.
- Andrey Makarychev: Russia’s Normative Challenge: Post-Socialist Modernization Projects in Comparative Perspective, European Security, 2012.
- Margarete Klein: Russland in der internationalen Ordnung: Das Ende der Zusammenarbeit?, SWP-Aktuell, 2017.
- Ted Galen Carpenter: Did Putin’s 2007 Munich Speech Predict the Ukraine Crisis? Cato Institute, 24. Januar 2022.
- René De La Pedraja: Putin Confronts the West: The Logic of Russian Foreign Relations, 1999–2020. 22. März 2021. ISBN 978-1-4766-8499-4.
- Gerhard Mangott und Martin Senn: Rückkehr zum Kalten Krieg? Das russländisch-amerikanische Zerwürfnis über die Raketenabwehr in Osteuropa. Ipg 3/2007, S. 11–22.
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Quellen: wikipedia.org
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