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Adolf Deucher

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Geburt:
15.02.1831
Tot:
10.07.1912
Zusätzliche namen:
Адольф Дойхер, Adolf Deucher, Ādolfs Deučers
Kategorien:
Politiker, Präsident
Friedhof:
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Adolf Deucher (* 15. Februar 1831 in Wipkingen; † 10. Juli 1912 in Bern) war ein Schweizer Arztund Politiker (FDP). Von 1858 bis 1872 gehörte er dem Grossen Rat des Kantons Thurgau an und war massgeblich an der Revision der Kantonsverfassung beteiligt. 1869 wurde er in denNationalrat gewählt, verlor aber sein Mandat nach vier Jahren wieder, da er sich im Kulturkampfzu stark exponiert hatte und die Unterstützung der ländlich-katholischen Bevölkerung des Thurgaus verlor. 1879 wurde er in den Thurgauer Regierungsrat und wiederum in den Nationalrat gewählt.

1883 folgte Deuchers Wahl in den Bundesrat, dem er bis zu seinem Tod angehörte. Seine Amtszeit von 29 Jahren ist die zweitlängste aller Bundesräte. Als Volkswirtschaftsminister prägte er die Schweizer Sozialgesetzgebung um die Jahrhundertwende entscheidend mit und setzte sich besonders für den Arbeiterschutz ein. Viermal war er Bundespräsident (1886, 1897, 1903 und 1909).

Studium und Beruf

Der Sohn des Arztes Guntram Deucher wurde in Wipkingen geboren, das heute Teil der Stadt Zürich ist. Ein Jahr später siedelte die Familie nach Steckborn im Kanton Thurgau über, ihrem Bürgerort. Adolf Deucher besuchte dort die Schulen, später schickten ihn seine Eltern an das Gymnasium im Kloster Fischingen und an das Lyzeum in Konstanz. 1847 begann er ein Medizinstudium inHeidelberg. Dort entwickelte er eine radikale freiheitliche Gesinnung, die ganz im Gegensatz zur katholisch-konservativen Familientradition stand (die Deuchers hatten viele Jahre lang die Interessen des Klosters Reichenau am Südufer des Unterseesvertreten und wandten sich gegen jegliche demokratische Reformen).

Deucher setzte seine Studien in Prag und Wien fort und schloss 1851 an der Universität Zürich mit dem Doktortitel ab. Anschliessend eröffnete er in Steckborn eine eigene Arztpraxis und begann sich politisch zu betätigen. 1858 wurde er in denGrossen Rat gewählt, dem er bis 1879 angehörte (1871/72 Ratspräsident). 1860 heiratete er Paulina Schnebli. Nachdem Deucher 1862 bei einer Auseinandersetzung um den Neubau eines Schulhauses eine Niederlage hatte hinnehmen müssen, verliess er mit seiner Familie umgehend seinen Heimatort und zog in die Kantonshauptstadt Frauenfeld um, wo er zusätzlich als Bezirksarzt und Sanitätsrat amtierte.

Kantons- und Bundespolitik

Zusammen mit Fridolin Anderwert war Deucher im Grossen Rat einer der erbittertsten Gegner von Eduard Häberlin, der die Kantonspolitik fast nach Belieben dominierte. Als Mitglied des Verfassungsrates war er massgeblich an der Revision der thurgauischen Kantonsverfassung beteiligt, die direkt auf das «System Häberlin» abzielte. Zu den Reformen gehörten die Volkswahl des Regierungsrates, die Gründung der Thurgauer Kantonalbank und die Unvereinbarkeit verschiedener Ämter. Mit der Annahme der neuen Kantonsverfassung durch das Volk im Jahr 1869 verlor Häberlin seine bisher fast uneingeschränkte Macht.

Ebenfalls 1869 wurde Deucher in den Nationalrat gewählt. Er war sogleich in die heftigen Auseinandersetzungen um die Totalrevison der Bundesverfassung verwickelt und gehörte zu den prominentesten Befürworten eines zentralistischen Staates, auch setzte er sich vehement für die Erweiterung der Volksrechte ein. Der erste Verfassungsentwurf scheiterte bei der Volksabstimmung im Jahr 1872 knapp, woraufhin Deucher unverzüglich die Arbeit an einem neuen Entwurf aufnahm. Während des Kulturkampfs verurteilte der Katholik Deucher öffentlich mehrmals die Politik der Ultramontanen und den «pfäffischen klerikalen Einfluss» der «schwarzen Mächte». Diese radikal antiklerikale Haltung kostete ihm im konservativen Kanton Thurgau viele Sympathien, woraufhin er bei den Nationalratswahlen 1873 sein Mandat verlor. Im Grossen Rat war er aber weiterhin vertreten.

Als Deucher 1879 angefragt wurde, für den Thurgauer Regierungsrat zu kandidieren, sagte er zu. Er stellte aber die Bedingung, dass er auch wieder im Nationalrat vertreten sein müsse. Da der Kulturkampf am Abflauen war, war er bei beiden Wahlen erfolgreich. In der Kantonsregierung war er für das Gesundheitswesen, die Erziehung und die Kirchen verantwortlich. 1882/83 war erNationalratspräsident. Als Kommissionspräsident war er an der Ausarbeitung eines Gesetzes beteiligt, das die Säkularisierung der Volksschule beschleunigen sollte und die Schaffung eines Schulsekretariats auf Bundesebene vorsah, was die Schulhoheit der Kantone eingeschränkt hätte. Oppositionelle Politiker ergriffen das Referendum, die konservative Presse verhöhnte Deucher als «Leibarzt des Schulvogts». Die Vorlage wurde am 26. November 1882 mit 77,2 % abgelehnt.

Bundesrat

Nach der Rücktrittserklärung von Simeon Bavier gehörte Nationalratspräsident Deucher von Anfang an zu den aussichtsreichsten Kandidaten für dessen Nachfolge im Bundesrat, insbesondere von den Linksfreisinnigen wurde er unterstützt. Das liberale Zentrum und die Demokraten sprachen sich zwar für einen Kandidaten der Katholisch-Konservativen aus, um diese von ihrer reinen Oppositionsrolle abzubringen, waren sich aber letztlich uneinig. So wurde Deucher am 10. April 1883 bereits im ersten Wahlgang gewählt, mit 95 von 175 gültigen Stimmen. Nach einer zweiwöchigen Bedenkzeit nahm er die Wahl schliesslich an.

Während seiner 29-jährigen Amtszeit, der zweitlängsten aller Bundesräte, stand Deucher fünf verschiedenen Departementen vor. Als Neuling in der Landesregierung musste er zunächst in rascher Folge das Departement wechseln: 1883 Justiz- und Polizeidepartement, 1884 Post- und Eisenbahndepartement und 1885 Departement des Innern. 1886 war er erstmalsBundespräsident und übernahm gemäss den damaligen Gepflogenheiten für ein Jahr die Leitung des Politischen Departements. Ab 1887 konnte er sich als Volkswirtschaftsminister etablieren und stand fast ein Vierteljahrhundert dem Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement vor, nur unterbrochen durch die Präsidialjahre 1886, 1897, 1903 und 1909, als er vorübergehend Aussenminister war.

Deucher näherte sich sozialdemokratischen Positionen an und erwarb sich grosse Verdienste um den Ausbau des Sozialstaates. 1890 nahm das Volk mit einer Dreiviertelmehrheit eine Verfassungsänderung zur Einführung einer Kranken- und Unfallversicherung an. Die Umsetzung dieses Verfassungsauftrags erwies sich jedoch als äusserst schwierig. Das Volk verwarf fast zehn Jahre später das Gesetz zur Einführung einer obligatorischen Kranken- und Unfallversicherung des Bundes für alle unselbständig Erwerbenden mit fast 70 %. Erst 1912 gelang es Deucher, nach dem Verzicht auf eine obligatorische staatliche Krankenversicherung, eine Unfallversicherung durchzusetzen. Mit 54,4 % wurde das Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung angenommen, was schliesslich 1918 zur Gründung der SUVA führte.

Ein weiteres wichtiges Anliegen Deuchers war der Schutz der Arbeiter, beispielsweise durch die Einschränkung der Frauen-, Kinder- und Nachtarbeit. 1906 organisierte er die erste Internationale Arbeiterschutzkonferenz in Bern. An dieser gelang es ihm, das seit 1898 in der Schweiz geltende Verbot der Verwendung von Phosphor in der Zündholzherstellung international durchzusetzen. Nicht vollenden konnte er die Revision des überholten Fabrikgesetzes von 1877, doch legte er dieses oft sehr arbeiterfreundlich aus. Durch den Abschluss neuer Handelsverträge wurde die Schweiz enger mit dem internationalen Handel verflochten als je zuvor, was zu einer Blütezeit der Exportwirtschaft führte. Mit mehreren Neuregelungen der Zolltarife führte er den Übergang vom Freihandel zur gemässigten Schutzzollpolitik herbei.

Deucher, der 1886 das Ehrenbürgerrecht von Frauenfeld und 1896 jenes der Stadt Genf erhalten hatte, starb 81-jährig im Amt. Er wurde auf dem Bremgartenfriedhof beigesetzt, sein Grab ist aber mittlerweile aufgehoben worden. Zu seinem Nachfolger wurde Edmund Schulthess bestimmt.

Literatur

  • Urs Paul Engeler: Adolf Deucher. In: Urs Altermatt (Hrsg.): Die Schweizer Bundesräte. Ein biographisches Lexikon. 2. Auflage. Artemis Verlag, Zürich/München 1991, ISBN 3-7608-0702-X, S. 238–243.

Ursache: wikipedia.org

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