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Zbigniew Brzeziński

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Geburt:
28.03.1928
Tot:
26.05.2017
Zusätzliche namen:
Zbigniew Brzezinski, Zbigniew Brzeziński, Збигнев Бжезинский
Kategorien:
Diplomat, Edelmann, Politiker, Professor, Publizist
Nationalitäten:
 pole
Friedhof:
Virginia City, Virginia City Cemetery

Zbigniew Kazimierz Brzeziński (* 28. März 1928 in Warschau; † 26. Mai 2017 in Falls Church, Virginia) war ein polnisch-US-amerikanischer Politikwissenschaftler. Er war 1966–1968 Berater Lyndon B. Johnsons und von 1977 bis 1981 Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter. Er war Professor für US-amerikanische Außenpolitik an der School of Advanced International Studies (SAIS) der Johns Hopkins University in Washington, D.C., Berater am „Zentrum für Strategische und Internationale Studien“ (CSIS) in Washington, D.C. und Autor renommierter politischer Analysen. Daneben betätigte er sich als Berater für mehrere große US-amerikanische und internationale Unternehmen.

Brzeziński wird zur realistischen Schule der Internationalen Politik gerechnet und steht geopolitisch in der Tradition Halford Mackinders und Nicholas J. Spykmans. Parteipolitisch steht er eher den Demokraten nahe. Er wird oft gegen seinen konservativen „Rivalen“ Kissinger abgegrenzt, obwohl die Gemeinsamkeiten größer sind als die Unterschiede. Brzeziński wird ein konsequenter Unilateralismus zugeschrieben. Hinsichtlich dieses Unilateralismus wird Brzeziński mit folgende Theoretikern verglichen: Francis Fukuyama, Robert Kagan, William Kristol, Richard Perle, Charles Krauthammer, Edward Luttwak, Samuel Phillips Huntington und Paul Wolfowitz.

Herkunft und frühe Jahre

Brzeziński wurde 1928 in Warschau als Sohn des polnischen Diplomaten Tadeusz Brzeziński und Leonia Roman geboren. Seine Familie, die zum polnischen Adel gehört, stammte aus Brzezany in Galizien in der Woiwodschaft Tarnopol, später Ost-Polen, heute in der Ukraine. Der Name der Stadt Brzezany ist der Ursprung des Familiennamens.

Tadeusz Brzeziński war von 1931 bis 1935 in Deutschland eingesetzt. Von 1936 bis 1938 arbeitete er in der Sowjetunion während der Großen Säuberungen Josef Stalins. 1938 wurde er nach Kanada versetzt. Wegen der Jalta-Konferenz, die Polen der sowjetischen Einflusssphäre zusprach, konnte die Familie nicht sicher in ihre Heimat zurückkehren. Der Zweite Weltkrieg hatte eine nachdrückliche Wirkung auf Brzeziński, der in einem Interview feststellte, dass die außergewöhnliche Brutalität gegenüber den Polen seine Auffassung der Welt geprägt habe. Diese Erfahrung habe ihn für die Tatsache sensibilisiert, dass Weltpolitik zum großen Teil ein grundlegender Kampf ist.

Zbigniew Brzeziński verbrachte einen Teil seiner Kindheit mit der Familie in Lille (Frankreich), Leipzig und Charkiw in der Ukrainischen SSR, bevor er mit seiner Familie nach Montreal in Kanada zog.

Wachsender Einfluss

Nach dem Besuch der Loyola High School in Montreal studierte er 1945 an der McGill University, um seinen Bachelor- und Master-Abschluss zu erwerben, die er 1949 und 1950 erhielt. Seine Master-Thesis untersuchte die unterschiedlichen Ethnien innerhalb der Sowjetunion.

Brzezińskis Plan, in Großbritannien ein Studium zur Vorbereitung einer diplomatischen Karriere in Kanada aufzunehmen, schied aus, teilweise weil nur britische Staatsbürger stipendienberechtigt waren. Brzeziński studierte daraufhin an der Harvard University bei Merle Fainsod. Seine Dissertation untersuchte die Sowjetunion und die Zusammenhänge von Oktoberrevolution, Lenins Staatsmodell und der Politik Joseph Stalins. Er wurde 1953 promoviert.

Im selben Jahr reiste er nach München und traf Jan Nowak-Jeziorański, den Leiter der polnischen Abteilung von Radio Free Europe.

Später arbeitete er auch mit Carl J. Friedrich zusammen, um ein Konzept von Totalitarismus zu entwickeln. Dies half ihm 1956, die sowjetische Politik genauer und wirkungsvoller darzustellen und zu kritisieren.

Als Harvard-Professor kritisierte er Dwight D. Eisenhowers und John Foster Dulles' Politik des Rollback: Der Antagonismus werde Osteuropa stärker zur Sowjetunion drängen. Der Aufstand vom Dezember 1970 in Polen mit dem Polnischen Oktober und der Ungarische Volksaufstand im Jahre 1956 bestätigten Brzezińskis Vorstellung von einer graduellen Abschwächung der sowjetischen Vorherrschaft durch die Osteuropäer. 1957 besuchte er Polen zum ersten Mal seit seiner Kindheit. Der Besuch bestätigte sein Urteil über die tiefen Spaltungen innerhalb des Ostblocks. Er entwickelte hieraus sein Programm des „peaceful engagement“, worunter er einen friedlichen Wettbewerb um Einfluss in Osteuropa verstand, den er gegen das sowjetische Verständnis „friedlicher Koexistenz“ abgrenzte.

1958 wurde er US-amerikanischer Staatsbürger. Trotz jahrzehntelangen Aufenthalts in Kanada und der dortigen Anwesenheit von Familienmitgliedern wurde er niemals kanadischer Staatsbürger.

Als Brzeziński 1959 keinen Lehrstuhl in Harvard bekam, zog er nach New York City, um an der Columbia University zu lehren. Hier schrieb er sein Werk Soviet Bloc: Unity and Conflict. das Osteuropa seit Beginn des Kalten Krieges thematisierte. Er war auch Hochschullehrer der späteren US-Außenministerin Madeleine Albright, die wie seine Ehefrau tschechischer Abstammung ist. Er war auch Albrights Mentor während ihrer frühen Jahre in Washington. Er wurde Mitglied des Council on Foreign Relations in New York und trat der Bilderberg-Konferenz bei.

Während der Präsidentenwahl 1960 war Brzeziński Berater im Wahlkampfteam John F. Kennedys. Er drängte auf eine nicht-antagonistische Politik gegenüber osteuropäischen Regierungen. Angesichts der politischen und ökonomischen Stagnation sah er den folgenden Zerfall der Sowjetunion entlang ethnischer Bruchlinien zutreffend voraus, womit er den Ansatz seiner Master-Thesis weiter ausbaute.

Brzeziński unterstützte die Entspannungspolitik während der folgenden Jahre. Er publizierte seine Programmschrift „Peaceful Engagement in Eastern Europe“ in Foreign Affairs, und unterstützte eine nicht-antagonistische Politik nach der Kubakrise. Er begründete dies damit, dass diese Politik den osteuropäischen Ländern die Angst vor einem aggressiven Deutschland nehmen und außerdem Westeuropäer besänftigen könnte, die sich wegen möglicher Kompromisse der Supermächte im Sinne der Konferenz von Jalta Sorgen machten.

1964 unterstützte Brzeziński Lyndon B. Johnsons „Great-Society“-Programm und die Gesetzesvorschläge der Bürgerrechtsbewegung, während er andererseits nach Chruschtschows erzwungenem Rücktritt den völligen Verlust an Kreativität auf Seiten der politischen Führung der Sowjetunion konstatierte. Durch Vermittlung von Jan Nowak-Jeziorański traf Brzeziński mit Adam Michnik zusammen, dem damaligen Kommunisten und zukünftigen Aktivisten der polnischen Gewerkschaftsbewegung.

Brzeziński unterstützte Verbindungen mit den osteuropäischen Regierungen, warnte dabei aber vor De Gaulles Vision eines „Europa vom Atlantik bis zum Ural“. Er befürwortete den Vietnamkrieg. 1966 bis 1968 diente Brzeziński als Mitglied des Planungsstabes des State Departments. Präsident Johnsons Rede zum Thema „Bridge Building“ vom 7. Oktober 1966 war das Ergebnis von Brzezińskis Einfluss.

Die Ereignisse in der Tschechoslowakei verstärkten Brzezińskis kritische Einstellung zur aggressiven Haltung der Republikaner gegenüber osteuropäischen Regierungen. Seine Dienste für die Regierung Lyndon B. Johnsons während des Vietnamkrieges machte ihn zum Feind der US-amerikanischen Neuen Linken, obwohl er die Deeskalation des US-amerikanischen Militäreinsatzes befürwortete.

1968 unterstützte Brzeziński als Vorsitzender der außenpolitischen Arbeitsgruppe Hubert H. Humphreys den Wahlkampf der Demokraten. Er riet Humphrey, mit einigen Punkten von Präsident Johnsons Programm zu brechen, insbesondere in der Vietnam-Frage, hinsichtlich des Nahen Ostens und der Beziehungen zur Sowjetunion.

Brzeziński forderte eine gesamteuropäische Konferenz. Diese Idee verwirklichte sich schließlich 1973 mit der KSZE.[19] In der Zwischenzeit wurde er zum führenden Kritiker von Nixons und Kissingers Entspannungskonzept, ebenso wie von McGoverns Pazifismus.

1970 schrieb er in seinem Werk „Zwischen zwei Zeitaltern: Amerikas Rolle in der Technetronischen Ära“ (Between Two Ages: America’s Role in the Technetronic Era), dass eine koordinierte Politik unter den Industrieländern nötig sei, um der globalen Instabilität zu begegnen, die aus der zunehmenden ökonomischen Ungleichheit entstehe. Von dieser Forderung ausgehend, gründete Brzeziński auf Initiative von David Rockefeller die Trilaterale Kommission, deren Direktor er von 1973 bis 1976 wurde. Die Trilaterale Kommission ist eine Gruppe prominenter Politiker, Geschäftsleute und Universitätslehrer, hauptsächlich aus den USA, Westeuropa und Japan. Ihr Ziel war die Stärkung der Beziehungen zwischen den drei höchstentwickelten Ländern der kapitalistischen Welt. Brzeziński schlug den Gouverneur von Georgia, Jimmy Carter, als Mitglied vor. Brzeziński kehrte 1981 zur Kommission zurück und hatte bis 2009 eine tragende Rolle inne.

Berater der Regierung Carter

Jimmy Carter kündigte seine Kandidatur für 1976 an und bezeichnete sich selbst als „eager student“ von Brzeziński.

Brzeziński wurde 1975 Carters wichtigster Ratgeber in außenpolitischen Fragen. Er wurde ein dezidierter Kritiker der Außenpolitik Nixons und Kissingers, die zu sehr auf Entspannungspolitik setzten, die der Sowjetunion genehm war. Er setzte stattdessen mehr auf die Strategic Arms Limitation Talks und betonte die Menschenrechte, das Völkerrecht und friedliche Maßnahmen in Osteuropa. Brzeziński wurde als Antwort der Demokraten auf den republikanisch orientierten Henry Kissinger betrachtet. Carter griff Ford in Debatten dadurch an, dass er die trilaterale Vision mit Fords Entspannungskonzept verglich. In den folgenden Jahren erwarb Brzeziński den Ruf eines „Hardliners“ bezüglich seiner Politik gegenüber der Sowjetunion.

Nach seinem Sieg im Jahre 1976 machte Carter Brzeziński zum Sicherheitsberater. Im selben Jahr waren in Polen größere Arbeitskämpfe ausgebrochen, die die Grundlage für die polnische Gewerkschaftsbewegung Solidarność bildeten. Brzeziński begann mit der Betonung der Menschenrechte in der Schlussakte von Helsinki, die kurze Zeit später die Charta 77 der Tschechoslowakei inspirierte

Brzeziński war an der Abfassung von Teilen der Regierungsansprache zum Amtsantritt Carters beteiligt, was seiner Absicht entsprach, den Dissidenten in der Sowjetunion eine positive Botschaft zu senden. Die Sowjetunion wie auch führende Politiker Westeuropas klagten, diese Art von Rhetorik widerspreche dem „Code der Entspannung“, den Nixon und Kissinger etabliert hatten.

Brzeziński wandte sich gegen Mitglieder der Demokratischen Partei, die seine Auffassung von Entspannung ablehnten, zu denen der Außenminister Cyrus Vance gehörte. Vance sprach sich für eine verminderte Betonung der Menschenrechte aus, um die Zustimmung der Sowjetunion zu den Strategic Arms Limitation Talks (SALT) zu gewinnen, während Brzeziński beides zur gleichen Zeit erreichen wollte. Brzeziński ordnete an, dass Radio Free Europe Leistung und Reichweite seines Programms erweitern solle, was eine provokante Umkehrung der Politik Nixons und Kissingers war. Helmut Schmidt lehnte Brzezińskis Pläne ab, er forderte sogar die Entfernung von Radio Free Europe von deutschem Boden.

Das State Department war von Brzezińskis Unterstützung für ostdeutsche Dissidenten beunruhigt und lehnte seinen Vorschlag ab, dass Carters erster Besuch jenseits des Atlantiks Polen gelten sollte. Carter und er besuchten Warschau, sie trafen mit Kardinal Stefan Wyszyński zusammen (gegen die Bedenken des US-Botschafters in Polen). Dabei erkannten sie die Römisch-katholische Kirche als legitime Opposition gegen die kommunistische Herrschaft in Polen an.

1978 waren Brzeziński und Vance immer uneiniger hinsichtlich der Richtung der Außenpolitik Carters. Vance wollte den Stil der Entspannungspolitik von Nixon und Kissinger weiterführen, wobei der Schwerpunkt auf der Abrüstung liegen sollte. Brzeziński glaubte, dass die Entspannungspolitik die Sowjetunion in Angola und im Nahen Osten ermuntert habe. Deshalb befürwortete er die Steigerung der militärischen Stärke und eine Betonung der Menschenrechte. Vance, das State Department und die Medien kritisierten Brzeziński öffentlich dafür, dass er den Kalten Krieg wieder aufleben lassen wolle.

Brzeziński riet Carter 1978, sich der Volksrepublik China zuzuwenden und reiste nach Peking, um die Grundlage für die Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu legen. Dies führte zu einer Lockerung der Bindungen an den langjährigen antikommunistischen Alliierten, die Republik China auf Taiwan.

1979 war das Jahr zweier großer, strategisch bedeutsamer Ereignisse: die Entmachtung des befreundeten Schahs des Iran Mohammad Reza Pahlavi und die sowjetische Invasion in Afghanistan. Die Islamische Revolution löste die Krise der iranischen Geiselnahme aus, die während Carters restlicher Amtszeit andauerte. Brzeziński war ein entschiedener Befürworter der Unterstützung der fundamentalistischen Mudschahedin in Afghanistan ab 1979 und erwartete die sowjetische Invasion in Afghanistan. Er schuf mit der Unterstützung Saudi-Arabiens, Pakistans, und der Volksrepublik China eine Strategie, um den Einfluss der Sowjetunion zu unterminieren. In dieser Atmosphäre der Unsicherheit führte er die USA zu einer neuen Aufrüstungsbemühung und der Entwicklung der schnellen Eingreiftruppen. Beide politischen Maßnahmen werden heute eher mit Ronald Reagan in Verbindung gebracht.

Brzeziński arbeitete unter der „lame duck“-Präsidentschaft Carters, aber ermutigt durch die Tatsache, dass die polnische Gewerkschaft seinen Stil der Auseinandersetzung mit Osteuropa bestätigt hatte, nahm er einen kompromisslosen Standpunkt gegenüber einer kurz bevorzustehen scheinenden Invasion Polens ein. Er telefonierte um Mitternacht mit Papst Johannes Paul II., dessen Besuch in Polen 1979 der Entstehung der Gewerkschaftsbewegung vorangegangen war, und warnte ihn vor. Diese Haltung der USA war ein deutlicher Wandel im Vergleich zu den früheren Reaktionen auf die sowjetischen Unterdrückungsmaßnahmen in Ungarn 1956 und in der Tschechoslowakei 1968.

1981 zeichnete President Carter Brzeziński mit der Presidential Medal of Freedom aus.

Tätigkeit während der Regierungen Reagan und Bush senior

Brzeziński war nach seiner Amtszeit besorgt wegen der inneren Spaltung der Demokratischen Partei. Seiner Meinung nach war der pazifistische („dovish“) Flügel um George McGovern dafür verantwortlich, dass die Demokraten dauerhaft zur Minorität würden.

Sein Verhältnis zur Regierung Ronald Reagans war gemischt. Einerseits unterstützte er sie als Alternative zum Pazifismus der Demokraten, andererseits kritisierte er sie wegen übertriebener Schwarzweißmalerei bei der Beurteilung außenpolitischer Themen.

Er blieb weiter beteiligt an den Vorgängen in Polen, kritisierte 1981 die Einführung des Kriegsrechts, vor allem aber die Schicksalsergebenheit Westeuropas im Namen der Stabilität. Brzeziński beriet 1987 US-Vizepräsident George Bush vor seiner Polenreise, die das Wiederaufleben der Gewerkschaftsbewegung unterstützte.

Während der Regierung Ronald Reagans war er 1985 Mitglied der Chemical Warfare-Kommission des Präsidenten. Von 1987 bis 1988 war er im Nationalen Sicherheitsrat des Verteidigungsministeriums in einer Kommission für „Integrierte Langzeitstrategie“ tätig. Von 1987 bis 1989 arbeitete er als Berater für das President’s Foreign Intelligence Advisory Board (PIAB) das „… den Präsidenten hinsichtlich Qualität und Korrektheit der Nachrichtengewinnung berät, hinsichtlich Analyse und Einschätzungen, Spionageabwehr und anderen nachrichtendienstlichen Tätigkeiten.“

1988 war Brzeziński stellvertretender Vorsitzender der National Security Advisory Task Force George Bushs und unterstützte Bushs Präsidentschaft, was einen Bruch mit den Demokraten bedeutete. Brzeziński publizierte im selben Jahr sein Werk „Die große Niederlage“ (The Grand Failure), in dem er den Fehlschlag von Michail Gorbatschows Reformen und das Auseinanderbrechen der Sowjetunion in den folgenden Jahrzehnten voraussagte. Er führte aus, dass es fünf Möglichkeiten für die zukünftige Entwicklung der Sowjetunion gebe: erfolgreiche Pluralisierung, anhaltende Krise, neue Stagnation, Staatsstreich durch KGB oder Militär oder den Zusammenbruch des kommunistischen Regimes. Er hielt den Zusammenbruch in dieser Phase der Entwicklung für weit unwahrscheinlicher als eine anhaltende Krise. Er prognostizierte, dass die Wahrscheinlichkeit, dass 2017 in der Sowjetunion weiterhin der Kommunismus existieren werde, nur bei etwas mehr als 50 % liege, und dass das Ende, wenn es käme, sehr wahrscheinlich turbulent ausfallen würde.

Schließlich kollabierte das System 1991 nach Moskaus scharfem Vorgehen gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen Litauens, dem Krieg um Bergkarabach in den späten 1980er Jahren sowie dem vereinzelten Blutvergießen in anderen Republiken. Dieses Ergebnis war weniger gewaltsam zustande gekommen, als Brzeziński und andere Beobachter erwartet hatten.

1989 gelang es den Kommunisten nicht, ihre Unterstützung in Polen zu mobilisieren, woraufhin die Gewerkschaft die Wahlen mit überwältigender Mehrheit gewann. Im selben Jahr machte Brzeziński eine Rundreise durch Russland und besuchte die Gedenkstätte für das Massaker von Katyn. Damit bot sich ihm die Gelegenheit, die sowjetische Regierung zur Anerkennung der wahren Umstände des Massakers aufzufordern, wofür er in der Diplomatischen Akademie in Moskau stehenden Beifall erhielt. Zehn Tage später fiel die Berliner Mauer und die von der Sowjetunion gestützten Regierungen in Osteuropa begannen zu wanken.

Strobe Talbott, einer von Brzezińskis langjährigen Kritikern, führte für das TIME-Magazin ein Interview mit Brzeziński unter dem Titel Rechtfertigung eines Hardliners.

1990 warnte Brzeziński vor einer Euphorie wegen des Endes des Kalten Krieges. Er lehnte öffentlich den Einsatz im Zweiten Golfkrieg ab, weil die USA so das internationale Wohlwollen verspielte, das es durch den Sieg über die Sowjetunion gewonnen hatte und starken Widerwillen in der gesamten arabischen Welt auslösen könnte. Er führte diese Sicht der Dinge in seinem Werk „Außer Kontrolle“ (1992) weiter aus.

Positionen und Debatten während der Präsidentschaften Clinton, Bush jun. und Obama

Amtszeit von Clinton 1993-2001 - Balkankriege und Russland

Besonders kritisch sah Brzeziński das Zögern der Regierung Bill Clintons, gegen die serbische Armee im Bosnischen Krieg zu intervenieren. Er sprach sich auch gegen den ersten Tschetschenienkrieg Russlands aus und bildete das American Committee for Peace in Chechnya. Beunruhigt über ein mögliches Wiedererstarken Russlands, sah er den Amtsantritt Wladimir Putins nach Boris Jelzin mit Misstrauen. Aus diesem Grund wurde er einer der stärksten Befürworter der Erweiterung der NATO.

Er trat auch für die Bombardierung Serbiens 1999 während des Kosovo-Krieges ein.

Amtszeit von Bush jun. 2001-2009 - Krieg gegen den Terror und Iran

Nach dem 11. September 2001 wurde Brzeziński massiv kritisiert, da die von ihm vorangetriebene Unterstützung der fundamentalistischen Mudschahedin in Afghanistan ab 1979 als eine der Ursachen für die Entwicklung des islamistischen Terrorismus gesehen wurde.

Brzeziński war ein prominenter Gegner des Kriegs gegen den Terror von George W. Bush. 2004 schrieb er sein Werk „Die Wahl“ (The Choice), die das Thema von The Grand Chessboard erweiterte, aber Bushs Außenpolitik scharf kritisierte. Er verteidigte das Buch The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy der Politikwissenschaftler John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt (2006) und war ein prononcierter Kritiker der Invasion des Irak des Jahres 2003

Seit 2006 tritt Brzeziński als Kritiker der US-Politik gegenüber dem Atomprogramm des Iran und im Irakkrieg hervor. Brzeziński ist der Meinung, dass die Strategie der USA gescheitert sei. Anfang 2007 warnte er davor, die USA würden einen Vorwand suchen, um gegen den Iran einen Krieg zu initiieren.

Präsidentschaftswahlkampf 2007-2008

Im August 2007 sagte Brzeziński in einem Fernsehinterview, dass er die Kandidatur des damals relativ jungen und als außenpolitisch unerfahren geltenden Barack Obama befürworten würde. Er stellte fest, Obama erkenne, „dass Amerikas Rolle in der Welt ein neues Gesicht, eine neue Richtung und eine neue Definition braucht“ – und bemerkte: „Was mir an Obama gefällt ist, dass er versteht, dass wir in einer völlig anderen Welt leben, in der wir Beziehungen zu ganz verschiedenen Kulturen und Menschen haben müssen“. Dabei verteidigte er auch Obamas Position, dass die USA ebenfalls mit geostrategischen Gegenspielern wie Iran und Syrien reden müssten. Es wurde allgemein für Obamas Kampagne als Vorteil angesehen, dass er gerade bei Fragen der Außenpolitik - seiner vermeintlichen Schwachstelle - Rückendeckung von einem der bekanntesten und einflussreichsten Außenpolitikexperten bekam.

Im September 2007 noch während des Vorwahlkampfes traten Brzeziński und Obama - beide entschiedene Gegner des Irakkrieges - auf einer Veranstaltung über den Irakkrieg in Iowa auf. Dabei stellte Brzeziński Obama vor und dieser bedankte sich, indem er Brzezińskis Beitrag zum israelisch-ägyptischen Friedensvertrag von 1978 lobte und ihn als „einen unserer bedeutendsten Denker“ bezeichnete. Einige israelfreundliche Kommentatoren stellten zu dieser Zeit Brzezińskis Kritik an der israelischen Lobby in den USA in Frage. Als Obama ein halbes Jahr später zu seiner Beziehung zu Brzeziński gefragt wurde, sagte er, dass dieser keiner seiner entscheidenden Ideengeber sei, dass er in verschiedenen Dingen anderer Meinung sei und dass er nur "einmal mit ihm gegessen und vielleicht dreimal Mails gewechselt" habe, wobei er die Irakkriegs-Veranstaltung in Iowa nannte.

Obamas erste Amtszeit 2009-2013 - Außenpolitische Kooperationen und Libyen

In einem Interview im September 2009 mit The Daily Beast, antwortete Brzeziński auf die Frage, wie nachdrücklich Obama darauf bestehen sollte, dass Israel keinen Luftangriff auf den Iran unternehmen solle, „Wir sind eigentlich keine machtlosen kleinen Babys. Sie müssen über unseren Luftraum im Irak fliegen. Werden wir nur dasitzen und zuschauen?“ Dies wurde von einigen Unterstützern Israels als Befürwortung des Abschusses israelischer Flugzeuge durch die USA interpretiert, um einen Angriff auf den Iran zu verhindern. Brzeziński trieb die Entwicklung politischer Beziehungen zwischen den USA und der Volksrepublik China voran und befürwortete eine neue Übereinkunft zur Rüstungskontrolle mit Russland. Außerdem teilte er die Ansicht des Präsidenten, dass die Vereinigten Staaten anstelle von Alleingängen diplomatisch eine Politik der internationalen Kooperation betreiben sollten. 2011 unterstützte Brzeziński die Militärintervention in Libyen, wobei er die Nichtintervention als „moralisch zweifelhaft“ und „politisch fragwürdig“ bezeichnete. Brzeziński äußerte auch des Öfteren öffentlich Kritik an Obama zu verschiedenen Themen. So kritisierte er u.a. die zu sanfte Politik gegenüber Israel und eine fehlende außenpolitische Strategie.

Obamas zweite Amtszeit 2013-2017 - Syrien und die Ukraine-Krise

In einem Interview mit der Zeitschrift The National Interest vom 24. Juni 2013 kritisierte Brzeziński die Syrien-Politik Obamas hart: „Ende 2011 brachen die Unruhen in Syrien aus; das war eine Folge der Dürre; zwei despotische Regierungen im Nahen Osten schürten diese Unruhen an, nämlich Saudi-Arabien und Katar. US-Präsident Obama unterstützte daraufhin die Unruhen und kündigte plötzlich an, dass Assad gehen müsse; dafür habe Obama offensichtlich keine Vorbereitungen getroffen….War das eine strategische Politik? Warum wurde plötzlich entschieden, Syrien zu destabilisieren und letztlich die Regierung dort zu stürzen? Wurde die US-amerikanische Bevölkerung darüber aufgeklärt?“ Er kritisierte insbesondere den Einsatz der CIA und ihren ehemaligen Direktor David Petraeus.

Brzeziński betonte im Februar 2014, „ohne die Ukraine könne Russland nie wieder Supermacht werden. Erst in diesem Kontext wird der erbitterte politische Kampf Russlands um die Ukraine verständlich.“

Am 3. März 2014, zwischen der Absetzung Wiktor Janukowytschs und dem Krim-Referendum, verfasste Brzenzinski einen Gastkommentar für die Washington Post: „Was ist zu tun? Putins Aggression in der Ukraine braucht eine Antwort“ Er verglich Putins „gangsterhafte Taktik“ und „kaum getarnte Invasion“ der Krim mit Adolf Hitlers Besetzung des Sudetenlands 1938 und charakterisierte Putin als einen Cartoon-Mussolini, er hielt aber kurz davor zurück, einen Kriegseintritt der USA zu empfehlen. Stattdessen empfahl er, die NATO solle in Hochalarm versetzt werden und „Kalkulationsfehler verhüten“. Andererseits stellte er ausdrücklich fest, Russland müsse versichert werden, dass der Westen die Ukraine nicht in die NATO hineinziehen oder gegen Russland einstimmen wolle. („The West should reassure Russia that it is not seeking to draw Ukraine into NATO or to turn it against Russia.“)

Er nannte die folgende Intervention Russlands in der Ostukraine ebenfalls als „kaum verschleiert“.

Tittytainment

Von ihm soll auch der Begriff des „Tittytainment“ stammen, der besagt, dass in Zukunft 80 % der – dann arbeitslosen – Weltbevölkerung durch eine moderne Form von Brot und Spielen bei Laune gehalten werden müsse.

Persönliches

Brzeziński war mit der tschechisch-amerikanischen Bildhauerin Emilie Benes verheiratet, einer Großnichte des ehemaligen tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš. Sie haben drei Kinder: Ian, Mark und Mika. Mika Brzezinski ist Moderatorin beim US-amerikanischen Nachrichtensender MSNBC. Mark Brzeziński ist Diplomat und seit 2011 US-Botschafter in Schweden. Ian Brzeziński ist Experte für Außenpolitik und Militärfragen. Er war Deputy Assistant Secretary of Defense in der Regierung Bush (2001–2005). Ian ist auch Leiter der Brzeziński Group, LLC in Alexandria, Virginia, einem Beratungsunternehmen für internationale Kunden im Finanz-, Energie- und Verteidigungssektor. Der Schriftsteller Matthew Brzeziński ist ein Neffe Brzezińskis.

Brzezińskis Politik während des Afghanistan-Konflikts: die „Russland-Falle“

Brzezińskis Politik hatte das Ziel, die radikalen islamistischen und antikommunistischen Kräfte Afghanistans, also gerade auch die fundamentalistischen Mudschahidin, zu stärken, um die säkulare, kommunistisch ausgerichtete Regierung zu stürzen.

Seit dem 5. Dezember 1978 hatte die prosowjetische Regierung der Demokratischen Volkspartei Afghanistans einen „Freundschafts- und Beistandspakt“ mit der Sowjetunion, wonach die afghanische Regierung sowjetische Hilfe in Anspruch nehmen könne, wenn sie in Gefahr ist. Zwischen dem 17. März 1979 und dem 12. Dezember 1979 hatte die Regierung unter dem Staats- und Regierungschef Hafizullah Amin 21 Mal um Militärhilfe der Sowjetunion gebeten, da sie sich immer mehr von den fundamentalistisch-islamistischen Kräften unter Druck gesetzt sah.

Gemäß der offiziellen US-amerikanischen Version der Geschichte begann die Unterstützung der Mudschahidin durch die CIA erst im Laufe des Jahres 1980, also nach dem Eingreifen der sowjetischen Armee in Afghanistan am 24. Dezember 1979. Laut einem Interview Brzezińskis mit der französischen Zeitschrift „Le Nouvel Observateur“ vom Januar 1998 setzte die US-amerikanische Unterstützung der fundamentalistischen Mudschahidin dagegen schon am 3. Juli 1979 ein, also fast ein halbes Jahr vor der Invasion. Präsident Carter unterschrieb an diesem Tag die erste Direktive für eine geheime Unterstützung der Mudschahidin. Brzeziński bestätigte in seinem Interview die gleichlautende Darstellung des CIA-Präsidenten Robert Gates. Brzeziński war bewusst, dass diese Aktionen das Risiko für eine militärische Intervention der Sowjets erheblich erhöhen würden.

„Diese verdeckte Operation war eine hervorragende Idee. Sie bewirkte, dass die Russen in die afghanische Falle tappten […]. Am Tag, an dem die Russen offiziell die Grenze überschritten, schrieb ich Präsident Carter: Jetzt haben wir die Möglichkeit, der UdSSR ihren Vietnamkrieg zu liefern. Und tatsächlich sah sich Moskau während der folgenden zehn Jahre gezwungen, einen Krieg zu führen, den sich die Regierung nicht leisten konnte, was wiederum die Demoralisierung und schließlich den Zusammenbruch des sowjetischen Herrschaftsgebiets zur Folge hatte.“

– Zbigniew Brzeziński (Zitiert nach dem kanadischen Globalisierungskritiker Michel Chossudovsky)

Politikwissenschaftliche Werke

Totalitäre Diktatur und Autokratie 1956

In der Untersuchung „Totalitarian Dictatorship and Autocracy“ entwickelte Brzeziński 1956 zusammen mit Carl Joachim Friedrich ein für die Politikwissenschaft noch heute wichtiges Modell des Totalitarismus: Totalitäre Regime seien etwas grundsätzlich Neues und Gleichartiges. Ziel sei die totale Kontrolle, die durch eine alle wichtigen Lebensbereiche umfassende Ideologie gekennzeichnet sei und eine neue Gesellschaft erschaffen wolle. Eine einzige hierarchisch organisierte Partei besitze die gesamte politische Macht und werde von einem Diktator angeführt. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung sei politisch aktiv und hänge der Ideologie wirklich an. Ein Terrorsystem kontrolliere Bevölkerung und Partei. Eine Geheimpolizei bekämpfe tatsächliche und potentielle Feinde. Die Massenkommunikation sei monopolisiert. Die Wirtschaft werde bürokratisch kontrolliert und gelenkt.

Zwischen zwei Zeitaltern, Amerikas Rolle in der technetronischen Ära 1970

„Between two ages: America’s Role in the Technetronic Era“ (1970) war eine der frühesten Darstellungen des Wandels in Kommunikations- und Computertechnik, der später mit dem Begriff Globalisierung verbunden wurde. Brzeziński sagte in diesem Bereich eine Rivalität zwischen den Supermächten voraus. Das System der Sowjetunion sei aber ökonomisch wie politisch zu schwach, um sich an die neue technologische Entwicklung der Welt anzupassen und werde folglich untergehen. Das „technetronische System“, das in den USA zur Vollendung geführt werde, schätzt er als weltbeherrschend ein. Dabei sieht Brzeziński menschheitsgefährdende Entwicklungen und eine Bedrohung der Demokratie voraus.

„Another threat, less overt but no less basic, confronts liberal democracy. More directly linked to the impact of technology, it involves the gradual appearance of a more controlled and directed society. Such a society would be dominated by an elite whose claim to political power would rest on allegedly superior scientific know-how. Unhindered by the restraints of traditional liberal values, this elite would not hesitate to achieve its political ends by using the latest modern techniques for influencing public behavior and keeping society under close surveillance and control. Under such circumstances, the scientific and technological momentum of the country would not be reversed but would actually feed on the situation it exploits. (S.96)

Eine andere Bedrohung, weniger offen, aber nicht weniger fundamental, betrifft die liberale Demokratie. Noch enger mit dem Einfluss der Technik verbunden, schließt diese Bedrohung die schrittweise Entstehung einer stärker kontrollierten und gelenkten Gesellschaft ein. Eine solche Gesellschaft würde von einer Elite beherrscht werden, deren Anspruch auf politische Macht sich auf eine angeblich überlegenene wissenschaftliche Expertise gründen würde. Ungehindert von liberalen Werten der Tradition würde diese Elite ohne Zögern ihre politischen Ziele durch Einsatz der modernsten Techniken der Beeinflussung der öffentlichen Meinung verwirklichen und die Gesellschaft streng überwachen und steuern. Unter diesen Umständen würde die wissenschaftliche und technologische Dynamik des Landes keinen Rückschlag erleiden, sondern aus der von ihr ausgenutzen Situation selbst Kraft schöpfen.“

„The newly enfranchised masses are organized in the industrial society by trade unions and political parties and unified by relatively simple and somewhat ideological programs. Moreover, political attitudes are influenced by appeals to nationalist sentiments, communicated through the massive increase of newspapers employing, naturally, the readers' national language. In the technetronic society the trend seems to be toward aggregating the individual support of millions of unorganized citizens, who are easily within the reach of magnetic and attractive personalities, and effectively exploiting the latest communication techniques to manipulate emotions and control reason. Reliance on television — and hence the tendency to replace language with imagery, which is international rather than national, and to include war coverage or scenes of hunger in places as distant as, for example, India — creates a somewhat more cosmopolitan, though highly impressionistic, involvement in global affairs. (S.10)

Die seit kurzem beffreiten/wahlberechtigten (enfranchised) Massen werden in der Industriegesellschaft durch Gewerkschaften und politische Parteien organisiert und durch relativ einfache und etwas ideologisce Programme vereint (unified). Außerdem werden politische Einstellungen beeinflusst durch Appelle an nationale Gefühle, die durch das massive Wachstum von Zeitungen vermittelt werden, die natürlich die Landessprache der Leser benutzt. In der technetronischen Gesellschaft scheint die Entwicklung in Richtung einer Zusammenführung (Aggregation) der individuellen Unterstützung von Millionen unorganisierter Bürger zu gehen, die durch charismatische (magnetic and attractive) Persönlichkeiten leicht erreichbar sind, außerdem in Richtung der effizienten Nutzung der modernsten Komunikationstechniken, um Gefühle zu manipulieren und Gedanken zu steuern (control). Der Rückgriff auf das Fernsehen, also die Tendenz, Sprache durch Bilderwelten (imagery) zu ersetzen, die als solche eher international als national sind, und die Berücksichtigung von Kriegsberichten oder Hungerszenen von fernen Orten wie beispielsweise Indien, wird eine etwas kosmopolitischere, wenn auch höchst impressionistische Beteiligung an der Weltpolitik hervorbringen.“

„The tendency toward depersonalization (of) economic power is stimulated in the next stage by the appearance of a highly complex interdependence between governmental institutions (including the military), scientific establishments, and industrial organizations. As economic power becomes inseparably linked with political power, it becomes more invisible and the sense of individual futility increases.

Die Entwicklung hin zu entpersönlichter ökonomischer Macht wird sich in der nächsten Phase weiter verstärken, indem eine hochkomplexe gegenseitige Abhängigkeit von staatlichen Institutionen (einschließlich des Militärs), wissenschaftlicher Einrichtungen und Wirtschaftsunternehmen entsteht. Insofern wirtschaftliche Macht sich mit politischer untrennbar verbindet, wird sie zunehmend unsichtbar und die Wahrnehmung der individuellen Machtlosigkeit und Nichtigkeit (futility) wächst. (S.10)“Zbigniew Brzezinski: America's Role in the Technetronic Era, New York 1970

„Man is increasingly acquiring the capacity to determine the sex of his children, to affect through drugs the extent of their intelligence, and to modify and control their personalities. Speaking of a future at most only decades away, an experimenter in intelligence control asserted, "I foresee the time when we shall have the means and therefore, inevitably, the temptation to manipulate the behaviour and intellectual functioning of all the people through environmental and biochemical manipulation of the brain. " (S.11)

Der Mensch ist in wachsendem Maße in der Lage, das Geschlecht von Kindern zu bestimmen, durch Medikamente (drugs) das Maß ihrer Intelligenz und ihre Persönlichkeit zu ändern und zu steuern (modify and control). Ein Hirnforscher (Fußnote: David Krech, Anm. Gabel1960) versicherte mit Blick auf die Entwicklung in der nahen Zukunft: Ich sehe eine Zeit voraus, in der wir die Mittel haben und damit unweigerlich der Versuchung ausgesetzt sein werden, das Verhalten und die mentalen Funktionen aller Menschen durch Veränderung der Umwelt und durch biochemische Manipulation des Gehirns zu beeinflussen.“

Das gescheiterte Experiment: der Untergang des kommunistischen Systems 1989

„The Grand Failure“ (1989) will einen umfassenden Überblick über alle Formen des Kommunismus bieten, konzentriert sich aber auf die Gorbatschow-Ära. Brzeziński sagt voraus, dass Gorbatschows Politik der wirtschaftlichen Dezentralisierung zur Lockerung der sozialen Kontrolle und schließlich zum politischen Pluralismus führen werde. Der Leninismus werde aufgegeben. Die erfolgreiche Pluralisierung der Sowjetunion erscheint Brzeziński aber weniger wahrscheinlich als langwierige innenpolitische Krisen, eine Rückkehr zur Breschnew-Stagnation, ein Putsch von Militär oder KGB oder die Zersplitterung der Sowjetunion entlang nationalistischer Linien.

Die einzige Weltmacht 1997

In seinem Buch Die einzige Weltmacht (1997) begründet Brzeziński die geopolitische Strategie, die die USA als – nach dem Zerfall der Sowjetunion – erste, einzige und letzte Weltmacht seiner Meinung nach einschlagen sollten: den eurasischen Kontinent unter ihrer Kontrolle zu halten und rivalisierende Bestrebungen zu verhindern, die die Machtstellung der USA gefährden könnten:

„Inwieweit die USA ihre globale Vormachtstellung geltend machen können, hängt aber davon ab, wie ein weltweit engagiertes Amerika mit den komplexen Machtverhältnissen auf dem eurasischen Kontinent fertig wird — und ob es dort das Aufkommen einer dominierenden, gegnerischen Macht verhindern kann. (…) US-Amerikanische Politik sollte letzten Endes von der Vision einer besseren Welt getragen sein: der Vision, im Einklang mit langfristigen Trends sowie den fundamentalen Interessen der Menschheit eine auf wirksame Zusammenarbeit beruhende Weltgemeinschaft zu gestalten. Aber bis es soweit ist, lautet das Gebot, keinen eurasischen Herausforderer aufkommen zu lassen, der den eurasischen Kontinent unter seine Herrschaft bringen und damit auch für Amerika eine Bedrohung darstellen könnte. Ziel dieses Buches ist es deshalb, im Hinblick auf Eurasien eine umfassende und in sich geschlossene Geostrategie zu entwerfen.“

Brzeziński sieht den Status der USA nicht als erstrebenswertes Ziel, sondern als Faktum. Dieser Zustand wird durch verschiedene Faktoren wie die weltweite Militärpräsenz, das wirtschaftliche Potential, den technologischen Vorsprung sowie eine weltweite Affinität zur amerikanischen Kultur dargestellt. Diesen Vorsprung gelte es – allerdings nicht als Selbstzweck – zu wahren, um die globale Stabilität zu erhalten. Das Ziel sollte sein, mögliche Konkurrenten so lange auf Distanz zu halten, bis ein weltweites Regelwerk etabliert und institutionalisiert ist und bevor die eigene Macht im Schwinden begriffen sein wird. Letztendlich werden die Vereinigten Staaten die „letzte und einzige wirkliche Supermacht“ gewesen sein.

Hauptschauplatz der Auseinandersetzungen wird Brzezińskis Meinung nach Eurasien sein. Alle potentiellen Herausforderer der USA kämen aus dem Raum zwischen Lissabon und Wladiwostok. Einen großen Teil des Buches nimmt eine umfassende Analyse der Region ein.

Daraus entwickelt er verschiedene Handlungsempfehlungen für die Vereinigten Staaten. So soll eine deutsch-französische Führungsrolle in der Europäischen Union gefördert werden, um deren Erweiterung zu festigen. Russland solle ermutigt werden, seine eigene Rolle eindeutig im Sinne einer demokratischen und westlichen Orientierung zu definieren. Dadurch soll eine Balkanisierung in Zentralasien verhindert und ein verstärktes Sicherheits- und Stabilitätsbewusstsein in der Region etabliert werden. Außerdem müsse mit der Volksrepublik China ein Konsens gefunden werden, der nicht zu Lasten Japans geht, das Brzeziński als hauptsächlichen Verbündeten – aber nicht als Regionalmacht – sieht.

Volker Rühe sieht in seiner Rezension das Ziel Brzezińskis darin, ein weltweites Regelwerk zu etablieren und zu institutionalisieren, bevor die eigene Macht im Schwinden begriffen ist.

Die zweite Chance 2007

In „Second Chance: Three Presidents and the Crisis of American Superpower“ analysiert Brzeziński die vorhergehenden 15 Jahre der US-amerikanischen Außenpolitik, in denen die USA, aus dem Kalten Krieg als Sieger hervorgegangen, die einzige Supermacht war. Er stellt dar, wie die letzten drei Präsidenten, George H. W. Bush, Bill Clinton und George W. Bush ihre Führungsrolle verwirklichten und ihre Macht als Führer einer unangreifbaren Weltmacht ausübten. Das Buch beginnt mit einem Abriss der Geschichte des Kalten Kriegs. Der Sturz des sowjetischen Systems wird nicht als das Werk allein Ronald Reagans betrachtet, sondern als Ergebnis der Politik dreier Präsidenten im Zusammenhang internationaler Ereignisse.

Er unterscheidet in seiner Darstellung zwei Sichtweisen der Welt, die der Globalisierungsbefürworter und die der Neokonservativen.

In den drei ersten Kapiteln stellt er die Präsidenten und ihr außenpolitisches Team vor. Er erörtert die Ereignisse und Menschen, die die Außenpolitik formten. Dabei stellt er drei Hauptfaktoren in den Mittelpunkt: die Atlantische Allianz, die Nichtverbreitung von Atomwaffen und den Israelisch-Palästinensischen Konflikt. Daneben diskutiert er die Umweltpolitik, den entstehenden südamerikanischen Nationalismus und den Aufstieg Chinas und Indiens.

In den Kapiteln „Die Erbsünde“ (Bush I), „Die Ohnmacht guter Absichten“ (Clinton) und „Katastrophaler Führungsstil“ (Bush II) vergleicht er die Präsidenten und ihre Entscheidungen. Er kritisiert Bush I und Clinton und bewertet sie ähnlich negativ, aber mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Er ist am strengsten mit der Regierung Bush II, besonders hinsichtlich der Behandlung der Allianz, des Mittleren Ostens und der Umweltpolitik.

Im Kapitel „Nach 2008“ fordert Brzeziński, dass der kommende Präsident die Atlantische Allianz stärken müsse. Er müsse den Lobbyismus reformieren, Führungsstärke im Nahen Osten beweisen, in erster Linie gegenüber Israel, den Konsens in der Umweltpolitik stärken und eine Strategie für China als entstehende Weltmacht und Machtfaktor im Nahen Osten formulieren.

Er spricht die Warnung aus, dass die USA nach 2008 zwar eine zweite Chance bekommen würden, dass es danach aber zweifellos keine dritte Chance geben werde.

Strategic Vision: America and the Crisis of Global Power 2012

In „Strategic Vision: America and the Crisis of Global Power“ stellt Brzeziński seine geopolitische Vision für die USA vor, mit der sie die Herausforderungen der geänderten weltpolitischen Lage bewältigen kann, die durch Machtdiffusion gekennzeichnet ist. In vier Kapiteln setzt Brzeziński sich mit vier Fragenkomplexen auseinander:

1. Welche Konsequenzen hat die Machtverlagerung vom Westen nach Osten und wie wird dies von der neuen Tatsache einer politisch wachen Menschheit beeinflusst?

2. Warum sinkt die Attraktivität der USA in der Welt? Wie verhängnisvoll sind die Symptome des inneren und internationalen Niedergangs der USA? Wie kam es dazu, dass die USA ihre einzigartigen Möglichkeiten nach dem friedlichen Ende des Kalten Kriegs vergeudet hat? Welche Kraft zur Erneuerung hat die USA und welche Neuorientierung der Geopolitik ist notwendig, um Amerikas Rolle in der Welt wieder mit neuem Leben zu erfüllen?

3. Was wären die wahrscheinlichen geopolitischen Folgen eines weiteren Niedergangs der USA bis 2025? Wer wären die beinahe unmittelbaren Opfer? Welche Auswirkungen hätte dies auf die Probleme im Weltmaßstab im 21. Jahrhundert? Könnte China bis 2025 die beherrschende Rolle der USA in der Weltpolitik übernehmen?

4. Welche langfristigen geopolitischen Ziele sollte sich eine wiedererstarkende USA für die Zeit nach 2025 setzen? Wie könnte die USA mit den traditionellen europäischen Alliierten die Türkei und Russland einbeziehen, um einen noch größeren und stärkeren Westen aufzubauen? Wie könnte die USA gleichzeitig im Osten ein Gleichgewicht zwischen dem Bedürfnis nach engerer Zusammenarbeit mit China erreichen und der Tatsache, dass eine konstruktive Politik weder chinazentriert sein sollte noch Verwicklungen in Konflikte Asiens nach sich ziehen sollte?

Vergleich mit Henry Kissinger

Brzeziński wird oft mit Henry Kissinger verglichen. Unterschiede zeigen sich hauptsächlich in der Phase des Kalten Krieges. Während Kissinger eher eine Status-quo-Politik verfolgte und eine Machtbalance anstrebte, wollte Brzeziński das sowjetische System unterminieren, dem er aufgrund der kommunistischen Ideologie und Unfreiheit keine inhärente Stabilität zutraute. Daher trat Brzeziński für die Einhaltung der Menschenrechte ein und unterstützte Dissidenten, während Kissinger dies eher für destabilisierend hielt. Brzeziński hatte als Experte für die Sowjetunion stärkeren Einblick in die Schwächen des kommunistischen Systems und erkannte die nationalistischen Spannungen hinter der Einheitsfassade. Mit seiner Unterstützung für die polnische Gewerkschaftsbewegung nutzte er diese Spannungen und verstärkte sie, was schließlich zum Auseinanderbrechen der Sowjetunion führte.

Ehrungen

1963 wählte ihn die US-Handelskammer zu einem von Amerikas zehn hervorragendsten Männern (One of America’s Ten Outstanding Men). 1969 wurde er Ehrenmitglied der „American Academy of Arts and Sciences“[62]. 1981 erhielt er die Presidential Medal of Freedom für seine Rolle bei der Normalisierung des politischen Verhältnisses zwischen der Volksrepublik China und den USA sowie für seinen Beitrag zu den Menschenrechten und zur nationalen Sicherheitspolitik der Vereinigten Staaten. Für seine Beiträge zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens erhielt er 1995 den „Orden vom Weißen Adler“, Polens höchste zivile Auszeichnung. 1998 wurde er Ehrenbürger von Lemberg, 2002 von Danzig und 2003 von Vilnius.

Akademische Ehrendoktorwürden empfing er von den Hochschulen Georgetown University, Williams College, Fordham University, College of Holy Cross, Alliance College, the Catholic University of Dublin und der Universität Warschau.

Weitere Auszeichnungen sind die „Centennial Medal of the Graduate School of Arts and Sciences“ der Harvard University, der „Hubert Humphry Award for Public Service“ der American Political Science Association und der „U Thant Award“. Darüber hinaus ist Brzeziński Ehrenmitglied diverser Stiftungen, darunter der Guggenheim-Stiftung und der Ford-Stiftung.

Schriften

  • Between two ages: America´s Role in the Technetronic Era. The Viking Press, New York 1970, ISBN 0-14-004314-4.
  • Power and Principle: Memoirs of the National Security Adviser 1977–1981. Farrar, New York 1983.
  • The Grand Failure: The Birth and Death of Communism in the Twentieth Century. Ch. Scribner, New York 1989, ISBN 0-684-19034-6 (deutsch: Das gescheiterte Experiment: Der Untergang des kommunistischen Systems. Ueberreuter-Sachbuch, Wien 1989, ISBN 3-8000-3320-8).
  • Out of Control: Global Turmoil on the Eve of the 21st Century. Charles Scribner’s Sons, New York 1993, ISBN 0-684-19630-1.
  • The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives. Basic Books, New York 1997, ISBN 0-465-02725-3 (deutsch: Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft. Kopp Verlag, Rottenburg 2015, ISBN 3-86445-249-X).
  • The Choice: Global Domination or Global Leadership. Basic Books, New York 2004, ISBN 0-465-00801-1.
  • Strategic Vision: America and the Crisis of Global Power. Basic Books, New York 2012, ISBN 978-0-465-02954-9.

 

Ursache: wikipedia.org, news.lv

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